deutsch und polnisch sprechen, un aläs baydäs drayjäs“ (S. 224). Zur
Bekräftigung dieser nationalstaatlichem Klischeedenken abholden Gemengelage
fügt Scholtis noch eine satirische Szene ein, in der sich eine Völkerbunds¬
kommission von 1920 mit der Sprachenfrage im Grenzgebiet beschäftigt. Die
vergnüglich zu lesende Passage beginnt mit der Befragung von Babas Sohn
Robert durch den Schweizer Führer der Kommission:
„Robert Baschysta heißt du, so. Was hast du denn heute schönes gefrüh-
stückt?
Ych habä hoitä aynän Plazek schön gefrühstückt.
Der Schweizer dreht sich zu den andern Herren um, ob jemand wisse, was
ein Plazek sei. Der deutsche Begleiter weiß es leider nicht, der polnische
beeilt sich zu erklären, Plazek sei ein armseliger Mehlpuffer.
Ist Plazek also ein germanisches oder slawisches Wort ...? will der
Schweizer wissen.
Ein polnisches natürlich ..., begegnet der Pole.
Puffer ... Plätzchen ... Plazek ..., verteidigt der Deutsche, bemerkt, daß
Plazek eine mitteleuropäische Wortkombination und zum mindesten ost¬
märkisch sei.
Eine mitteleuropäische oder eine ostmärkische Sprache gibt es nicht ...,
protestiert der Pole. Nur germanisch haben wir, oder slawisch.
Der Schweizer sinnt nach.
... Setz dich, Robert Baschista, sagt er schließlich und gibt ihm eine
Nickelmünze.
Da der Schweizer einer slawischen Sprache nicht mächtig ist, stellt ein
Dolmetscher die nötigen slawischen Fragen. Wie denn der Dorfpfarrer
heißt ...?
Die Kinder wissen es nicht, einige antworten hartnäckig, der Dorfpfarrer
hieße Hochwürden.
Der Schweizer setzt seine deutschen Fragen fort. Also, meine lieben
Kinder, wer von euch spricht daheim mit Vater und Mutter deutsch ...?
Die Sieben stehen auf, auch der Robert Baschista.
Wie heißt du denn, mein Sohn?
Ych hayssä Alfryd Jastrzombäk.
Alfred Jastrzombek, sing uns mal ein deutsches Lied.
Mit Herz und mit Hand,
Mit der Büchse in der Hand
Fürs Vaterland.
... Setz dich, Alfred Jastrzombek.
Schulmeister wirft ein, daß das nicht stimme. Alfred Jastrzombek spräche
mit Vater und Mutter polnisch. Hier ist ein Brief des Vaters aus
Westdeutschland, wo er als Maurer arbeitet, bitte sehr, der Brief ist an die
Frau gerichtet und in polnischer Sprache geschrieben.
... In wasserpolnischer, selbstverständlich ..., wendet der deutsche
Begleiter ein. Diese Leute können ja gar nicht hochpolnisch.
Wasserpolnisch ist nicht wasserdeutsch ..., erwidert der Pole. Noch weni¬
ger als hochpolnisch können die Leute hochdeutsch.
Ooo ..., bitte sehr. Ist das etwa kein Hochdeutsch. Zudem ist der freie
Wille der Eltern auf alle Fälle zu respektieren ..., meint der Deutsche und
beruft sich auf den Völkerbund.
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