Einfluß.59 Dagegen haben ‘Agliböl und Yarhiböl die ältere Form -böl
bewahren können.60
Die zweite Hauptgottheit, Ba‘alsamin, könnte durch Zuwanderung aus dem
Süden in das Pantheon der Stadt Aufnahme gefunden haben. Weitere
Gottheiten lassen sich den arabischen Elementen innerhalb des palmyrenischen
Einflußbereiches zuweisen, allen voran die oben bereits erwähnte Göttin Allät.
Die Kontakte nach Westen führten darüber hinaus zu einem „Götterimport“ aus
dem kanaanäischen Bereich.61
Trotz der Komplexität der palmyrenischen Religion und des mehrere
theologische Vorstellungen vereinigenden Pantheons blieb der Einfluß Roms
auf diesem Felde minimal. Einzig und allein in die Götterdarstellung integrierte
man römische Elemente. Dies war möglich geworden, weil sich die
Ikonographie zunehmend einer Militarisierung der Götter zuwandte. Dadurch
konnten die römischen Offiziersuniformen dieser Zeit zur Kleidung der
palmyrenischen Gottheiten werden. Erneut dominiert die römische Armee,
diesmal nicht auf dem Schlachtfeld, sondern in der künstlerischen Darstellung.
6. Zusammenfassung
Den Höhepunkt der Selbstdarstellung palmyrenischer Eliten hatten die Stadt
und der Nahe Osten während der Regierungszeit der Odaenathus-Familie erlebt.
Aber auch in der Auflehnung gegen den Kaiser zeigen sich Vaballathus und
Zenobia dem griechisch-römischen Kulturkreis eng verbunden: Die Verhand¬
lungssprache zur Zeit der Belagerung war Griechisch, zum Beraterstab der
Zenobia gehörten der athenische Philosoph Longinus und mit Paulus von
Samosata ein Vertreter der im Aufstreben begriffenen christlichen Religion, die
zwei Menschenalter später mit kaiserlicher Unterstützung darangehen sollte, die
Lehre Jesu in der oikumene zu verbreiten.
In der Repräsentation ihrer Herrschaftsansprüche bedienten sich Vaballathus
und Zenobia traditioneller Instrumente und Formen. In der Münzprägung
orientierte man sich an der römischen Kaiserikonographie und Titulatur.
Ebenfalls kein Abweichen von der Reichstradition zeigt das Formular des
Meilensteins, auf dem die Siegerbeinamen als Beleg für die Verdienste der
Palmyrener um die Wohlfahrt des Reiches angeführt wurden. Der Name des
Usurpators läßt allein durch den Bestandteil „Vaballathus“ die Verbindung zum
59 Vgl. den theophoren Namen Zabdibel zur Zeit der Schlacht bei Raphia 217 v. Chr. -
Teixidor 1979, S. 1.
60 Gawlikowski 1990, S. 2608f.
61 Teixidor 1979, S. 101-114.
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