Ralf Krautkrämer
Der syrische Limes - Palmyra im Spannungsfeld
zwischen Imperium Romanum und Persischem Reich
Die im gesamten Mittelmeerraum und darüber hinaus bis nach Britannien und
zum Euphrat vorhandenen Reste antiker Monumentalarchitektur machen die
gewaltige Ausdehnung des Imperium Romanum in beeindruckender Weise
augenfällig. Diese Zeugnisse griechisch-römischer Kultur vermitteln ihrem
Besucher eine Einheitlichkeit, die er auch in den Flächenfarben des modernen
Kartenmaterials zur Antike wiederzufinden glaubt. Zieht man die jahr¬
hundertelange Herrschaft Roms hinzu, scheint der Eindruck eines nach außen
abgeschlossenen, monolithischen Systems, dessen Ende allein durch inneren
Verfall eingeleitet werden konnte, vollkommen.1
Der Verlauf der römischen Expansion zeichnet dagegen ein anderes Bild.
Durch die gewaltsame Übernahme ihres Territoriums gerieten sozial,
wirtschaftlich, religiös und politisch unterschiedlich entwickelte Gruppen unter
das Regiment Roms. Das Fortleben ihrer Traditionen im Imperium Romanum
zu verfolgen, ist jedoch mit Schwierigkeiten verbunden. Zum einen sind
zumeist die Hinterlassenschaften der Oberschichten faßbar. Aber gerade diese
strebten danach, Teil der reichsweiten senatorischen Führungsoligarchie zu
werden. Voraussetzung und Folge dieses sozialen Aufstiegs war die Akkul-
turation an die griechisch-römische Zivilisation und Lebensart, so daß die
ursprüngliche kulturelle Prägung überlagert wurde und für uns nur noch selten
erkennbar ist.2 Zum anderen sind die Zeugnisse, die uns Erkenntnisse über die
romorientierten Eliten hinaus erlauben, zeitlich und räumlich sehr unter¬
schiedlich verteilt.
Die Gemeinschaften an den Rändern des Reiches bilden hierin keine Ausnahme.
Die Beantwortung der Fragestellung „Grenzkultur - Mischkultur?“ machte es
notwendig, nicht allein Beispiele autochthoner Traditionen im Inneren, sondern
auch die Einflüsse wenigstens eines weiteren, eindeutig identifizierbaren
Zu antiken und modernen Theorien über die Gründe für den Untergang des Römischen
Reiches Demandt 1984.
Durch das Fehlen eines staatlich organisierten Schulsystems war Bildung in der Regel
den Besitzenden Vorbehalten. Die einfache Bevölkerung blieb den einheimischen
Traditionen verhaftet, konnte sich aber gegen die Interessenidentität der lokalen
Führungsschicht und Roms nicht artikulieren - Brunt 1990.
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