Full text: Grenzkultur - Mischkultur?

Aspekt der Beurkundung die Verwendung des Französischen begünstigt zu 
haben. 
Die historische Perspektive wurde durch vier weitere Beiträge, welche sehr 
unterschiedliche Regionen behandelten, vertieft. Ralf Krautkrämers Vortrag 
„Der syrische Limes - Palmyra im Spannungsfeld zwischen Imperium 
Romanum und Persischem Reich“ exemplifizierte die schwierige Lage von 
Gebieten, die in die Interessensphären von zwei rivalisierenden Mächten 
geraten, an Palmyra. Das Beispiel zeigt, daß hier Assimilation eine erfolgreiche 
Strategie war, während der Versuch, wieder die Selbständigkeit zu erlangen, 
scheiterte und zum Untergang Palmyras führte. Der wohl gewalttätigsten Form 
von Kontakt zwischen Völkern, dem Krieg, galt der Beitrag von Peter Thorau 
„Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Kriegführung zwischen Kreuz¬ 
fahrern und Muslimen“. In wohlverstandenem Eigeninteresse versuchen 
Kontrahenten in kriegerischen Auseinandersetzungen, gegnerische Überlegen¬ 
heit durch Übernahme bzw. Adaptierung von Bestandteilen der anderen 
„Kriegs-Kultur“ zu neutralisieren. Auch bei den Kreuzzügen kam es zu 
entsprechenden Übernahmen technischer wie taktischer Errungenschaften des 
jeweiligen Gegners oder zumindest zur Anpassung. Unterschiede blieben 
dennoch bestehen, u.a. in der alltäglichen Lebensweise der Streitkräfte. Des 
weiteren zeigte Reinhard Schneider in „Riga im Mittelalter. Eine Kaufmanns¬ 
stadt im Schnittpunkt verschiedener Kulturen“, daß Multikulturalität nicht erst 
ein typisches Kennzeichen neuzeitlicher Agglomerationen ist, sondern auch 
schon in mittelalterlichen Städten vorkommt. Die gemischte Zusammensetzung 
der Bevölkerung prägte aber die Formen des städtischen Lebens, abgesehen 
vielleicht von der Sprachenvielfalt, nicht entscheidend; das Vorherrschen des 
deutschen Elements war unbestritten. Die Offenheit der führenden Kreise Rigas 
zeigte sich vielmehr darin, daß sie Fremdes, so z.B. norditalienische Formen 
von Schiedsgerichtbarkeit, aufnehmen und verarbeiten konnten. Mit einer 
wesentlich schwierigeren Situation hatte die Stadt Bozen im 20. Jahrhundert 
fertig zu werden, und sie beschrieb Hans Heiss in seinem Beitrag „Gelungene 
Pazifizierung? Die Stadt Bozen/Bolzano im Spannungsfeld nationaler und 
kultureller Auseinandersetzungen 1919-1999“. Hier fand sich eine traditionell 
deutscher Sprache und Kultur verpflichtete Stadt nach dem ersten Weltkrieg im 
zentralistischen italienischen Staat wieder und war dazu massiven Versuchen 
der Italianisierung ausgesetzt. Dies bewirkte eine Polarisierung der deutsch- 
bzw. italienischsprachigen Bevölkerung, die erst in letzter Zeit einer vorsich¬ 
tigen Annäherung weicht, ohne allerdings bis jetzt zu einer echten Mischkultur 
geführt zu haben. Der Vortrag wurde durch ein Koreferat von Max Pfister 
ergänzt, der die sprachliche und insbesondere die sprachenrechtliche Situation 
des Südtirols darstellte. 
Neben dem deutsch-französischen Grenzraum waren Grenzgebiete in Ostmittel¬ 
und Osteuropa Gegenstand mehrerer Vorträge. Die Situation der slavischen 
Sprachinseln in deutschsprachiger Umgebung untersuchte Roland Marti in 
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