urteilen, Neutralität zu wahren. Doch wurde sie gegen ihren Willen in den Konflikt einbe¬
zogen. Einem ersten Versuch Renés, im Mai 1431 für seine Operationen sich der Burg
Morley als Stützpunkt bedienen zu können, indem er dort das Öffnungsrecht be¬
anspruchte, begegnete Elisabeth ablehnend,148 weil sich Renés Ansinnen gegen ihren Bru¬
der richtete. Sie erkannte zwar Morley als barisches Lehen an, verlangte aber, daß über ein
daraus abzuleitendes herzogliches Öffnungsrecht ein barisches Lehengericht (des Herzogs
edelmannen) entscheiden solle. Ob ein solcher Entscheid gefällt wurde, ist nicht bekannt.
Auch für den nassauischen Anteil an Commercy bestand Gefahr, in den lothringischen
Erbfolgestreit gezogen zu werden. Sie hatte im März 1430 jeweils ein Achtel an Burg,
Stadt und Herrschaft Commercy an ihren Onkel Herzog Karl von Lothringen und an ih¬
ren Bruder Anton von Vaudémont verpfändet149. Nachdem nach Karls Tod der Konflikt
zwischen René und Anton offen ausgebrochen war, konnte die Teilhaberschaft beider
Kontrahenten leicht zu Reibereien innerhalb Commercys führen. Vermutlich aufgrund ei¬
gener Erwägungen und auf Drängen ihres Teilhabers Robert von Saarbrücken-Commercy
verstand sich Elisabeth am 24. August 1431, also einige Wochen nach Renés Niederlage
bei Bulgnéville, zur Annulierung der Verpfändungen150. Sie und Robert verpflichteten
sich, in den kommenden sechs Jahren Burg, Stadt und Herrschaft Commercy an nieman¬
den zu veräußern, noch irgendjemand dort aufzunehmen151. Damit war Commercy im
lothringischen Erbfolgestreit neutralisiert. Dies gelang ihr nicht mit der Burg Groß-
Varsberg.
Elisabeths Rolle bei den Verwicklungen um die Burg wurde bisher in der landesgeschicht¬
lichen Literatur falsch gesehen und erst von Jürgen Herold aufgrund der Edition der so¬
genannten Varsberg-Korrespondenz korrigiert152. Auch im Falle Varsberg gab Elisabeth
der Besitzstandswahrung den Vorrang gegenüber der Parteinahme für einen der beiden
Kontrahenten. Die Besetzung der Burg durch Johann von Kerpen, einen Parteigänger
Antons von Vaudémont, unter dem Vorwand, damit Georg von Rollingen, einen der
Gemeiner der Burg und Anhänger Renés von Bar153, treffen zu wollen, geschah ohne Wis¬
sen und Zustimmung Elisabeths. Allerdings hielten Zeitgenossen zunächst eine Beteili¬
gung zugunsten ihres Bruders für möglich. Dem trat sie durch eigene Erklärung und die
ihrer Amtleute entgegen154. Der schließliche Verlust von Groß-Varsberg wurde nicht da¬
durch verursacht, daß sie im lothringischen Erbfolgestreit den falschen Prätendenten un¬
148 Schreiben an Herzog René vom 21.06.1431:. ..uwer gnaden ml verstet, dai? mir nit ml gebürt ujfenung an myme
und myner kinde slosse uyder mynen bruder gu dun, so ich nit underwyset und auch nit erkant mre, da^ ich es von rechts^
wegen schuldig were yu dun (HHStA Wiesbaden Abt. 130 I II B 5 Lothr. Nr. 1 fol. 2-4).
149 Beide Urkk. vom 07.03.1430 in AD M-et-M B 629 Nr. 134, Reverse Herzog Karls und Graf Antons LA
SB Best. N-Sbr.II Nr. 157, 200 u. 201.
150 LA SB Best. N-Sbr.II Nr. 178 u. 205.
151 AD M-et-M B 632 Nr. 14.
152 Vgl. den Beitrag von ihm in diesem Band S.201-254, dort auch die früheren Deutungen für Elisabeths
Motive.
153 Varsberg-Korrespondenz Nr. 6, 13, 42, 49, 78, 82.
154 Ebd. Nr. 3-5.
75