milian-Gesellschaft4. Dort heißt es zur Berliner Herpin-Handschrift der Elisabeth: „Ihres
ausgesprochen nürnbergischen Charakters wegen, zu dem sich auch der Dialekt des Tex¬
tes stellt, hat man Beziehungen zum Wolgemut-Kreis angenommen. Aber auch mittel-
rheinische Stilelemente wurden ausgemacht, die Identität des Zeichners mit dem Meister
W.B. erörtert und die Würzburger Gegend als Entstehungsheimat vorgeschlagen.“ Es
werden also vier „Autoritäten“ bemüht, um die künstlerische Provenienz des Codex fest¬
zumachen.
Lassen wir die Handschriften selbst aussagen. — Der Heidelberger ,Loher und Maller’5 ist
der am frühesten datierte Codex eines Elisabeth-Textes. Die Datierung steht im Explicit,
wo ebenfalls der Schreiber namentlich genannt ist. Dort heißt es (vgl. Abb. 49):
...vnd ist vortergeschreuen worden, der edelen iungfrauwen. Iungfrauwen margarethen graif-
jynne von naßau vnd sarbrucken frauwe cgu Kodenbache der vorgenanten fraumn Elyga-
beth von lothringen dochter. Des iars noch cristus gebürt M °. cccc ° . xlviiii. in die mauri
abbatis. [15. Januar 1449]6. vort so han ich Johan van Bjnßfelt dis buch auch dun schri-
ben. von der Ede len iungfrauen. lungfraum Margarethen von Naßauwe vnd Sarbrucken
framve c%u Kodenbachen. ln den iaren noch cristus gebürte. Do man schreibe Dußent vyen-
bundert. vnd syeben vnd fünffach, vff sant Agricius. abent vort so ist dis gegenwirdich bu¬
che geschreben vnd vollenbrach vff den anderen dag noch dem dage der heiligen wytwen vnd
keyserynnen sant helenen. Zu den iaren noch cristus gebürt Mo cccco. Ixiii [1463] von mir
bruder Johann von mrrnße. prediger Ordens wonhafflig do yu malen gu Treven. (Heidel¬
berg, Hs. 1012, Bll. 248v)
Leider ist in der Heidelberger Sammelhandschrift, die neben dem ‘Loher und Maller’ im
ersten Teil (Bl. 2-20) den ‘Herzog von Braunschweig’ und im dritten (Bl. 249-254)
Schondochs ‘Königin von Frankreich’ enthält, lediglich der ‘Herzog von Braunschweig’
mit zwölf lavierten Federzeichnungen ausgeschmückt. Dabei bleibt fraglich, ob die mitt¬
lerweile zusammengebundenen Codices von ihrer Herkunft her überhaupt zusammenge¬
hören. Die Schreiberhände sind jedenfalls nicht dieselben. Der ‘Loher’ ist eine reine Text¬
handschrift: zweispaltig, in großzügigem Layout, ohne künstlerischen Anspruch von einer
geläufigen Hand geschrieben. Immerhin aber bezeugt die Eintragung mithin den Namen
des Schreibers: der Dominikaner Johann von Worms, der damals — do gu malen — in Trier
lebte und arbeitete — und nicht etwa an theologischen oder liturgischen Codices, sondern
am Prosaroman der Elisabeth.
Nach Trier also verweist die erste Schreibereintragung. Jenes zu verschiedenen Epochen
so bedeutende Schreib- und Malzentrum könnte in Ermangelung einer Saarbrücker
Handschriftentradition in der Tat als erstes in die engere Wahl für die künsderische Her-
4 Ott, Norbert: Die Buchkultur im 15. und 16. Jahrhundert. Erster Halbband. Hg. vom Vorstand der Maximi¬
lian-Gesellschaft und Barbara Tiemann, Hamburg 1995, hier S. 105.
5 Zur Hs. vgl. die ungedruckte Beschreibung des Codex 1012, von der ich eine Kopie Herrn Hans-Hugo
Steinhoff, Paderborn, verdanke.
6 Da damals in den Diözesen Trier und Metz nach dem Annuntiationsstil gerechnet wurde, das Jahr also
am 25. März begann, entspricht das genannte Datum dem 15. Januar 1450 unserer Rechnung.
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