Es ist hoffentlich deutlich geworden, daß Kontinuität und Renaissance des Rittertums im
15. Jahrhunderts, survival und revival, in ihrer Verschränkung gesehen werden müssen.
Weder war die damalige ritterlich-höfische Welt eine wirklichkeitsfremde, nostalgische
Veranstaltung noch darf darauf verzichtet werden, absichtsvolle Rückgriffe in die eigene
Vergangenheit - ob man sie nun Ritterrenaissance, retrospektive Tendenzen oder histo¬
risch-literarische Traditionsbildung nennt — als wichtigen Bestandteil der aristokratischen
Kultur jener Zeit hervorzuheben. Diese Rückgriffe erfolgten bestimmt nicht interesselos,
doch wird man dem Eigengewicht der Tradition und dem Fasziniertsein von den alten
Texten nicht gerecht, wenn man sie allein unter der verkürzenden Perspektive adeliger
Legitimadonsbedürfnisse abhandelt.
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