veranstaltet, von denen uns Teile in den Codices von Hamburg und Wolfenbüttel erhalten
sind4.
Man könnte also sagen, Prestige durch Literaturpflege, das sei eine ausreichende Begrün¬
dung für Elisabeths Ubersetzertätigkeit. Aber weshalb zieht sie ausgerechnet Chansons de
geste, also französische Heldensagen heran? Bestand hierfür von der Thematik her ein be¬
sonderes Interesse? Ja, hat Elisabeth damit spezifische Absichten verfolgt? Man hat diese
Frage in unterschiedlichen Richtungen zu beantworten versucht. Gerhild Scholz-Williams
wollte Elisabeths ‘Huge Scheppel’ eine antiburgundische Tendenz unterstellen5. Das
konnte nicht überzeugen, denn die Haltung des Saarbrücker Hofes gegenüber dem mäch¬
tigen Nachbarn Burgund war nicht konstant, sondern wechselte je nach den tagespoliti¬
schen Gegebenheiten6. Bernhard Burchert meint in Elisabeths Oeuvre eine zivilisatorisch¬
disziplinierende Zielsetzung ausmachen zu können,7 aber auch dieser Ansatz trägt nur be¬
dingt. Es gibt allzuviele Elemente, die sich damit nicht verrechnen lassen8. Hingegen
scheinen zumindest auf der ersten Rezeptionsstufe politische Anbindungen deutlich zu
werden. Jan-Dirk Müller hat mit großem Scharfsinn das herausgeholt, was hier herauszu¬
holen war: Bezüge zur Gegenwart über die Illustrationen der Prachtausgaben vor allem9.
Aber war das auch das Interesse, das primär hinter Elisabeths Arbeit gestanden hat?
Wolfgang Haubrichs schließlich hat an eine genealogische Ansippung gedacht und dafür
Querverbindungen zum französischen Königtum plausibel zu machen versucht10. Es ge¬
lingt ihm, einen solchen Anspruch des Saarbrücker Hauses auf Verwandtschaft mit der
französischen Dynastie auch tatsächlich nachzuweisen. LTnd da alle vier Romane Elisa¬
beths in die karlische Gründungsgeschichte des französischen Königtums führen, könn¬
ten sie durchaus in einem solchen Zusammenhang gesehen werden, wenngleich man sich
fragen muß, ob die eher zweifelhafte Rolle, die der Ahnherr der Dynastie, Karl der Große,
in diesen Epen spielt, eine solche Anbindung wirklich empfehlen konnte11. Doch wird
4 Zum Bücherbesitz der Familie: Freiherr Schenk zu Schweinsberg, Eberhard: „Margarete von Rodema¬
chern, eine deutsche Bücherfreundin in Lothringen“, in: Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte, Bei¬
heft 23 (1941), S. 117-152.
5 Scholz Williams, Gerhild: „How to Make Friends: Burgundian Poliücs in Two Early Modern Prose
Texts (‘Hug Schapler‘ and ‘Girart de Roussillon“), in: The Sixteenth Century Journal 20 (1989) S. 277-292.
6 Müller, Jan-Dirk: „Späte Chanson de geste-Rezepdon und Landesgeschichte. Zu den Übersetzungen der
Elisabeth von Nassau-Saarbrücken“, in: Wolfram-Studien XI (1989), S. 206-226, hier: S. 210ff.
Burchert, Bernhard: Die Anfänge des Prosaromans in Deutschland. Die Prosaerfihlungen Elisabeths von Nassau-
Saarbrücken, Frankfurt a.M./Bern/New York/Paris 1987.
8 Historie von Herzog Herpin. Übertragen aus dem Französischen von Elisabeth von Nassau-Saarbrücken, Heidelberg,
Universitätsbibliothek, Cod.Pal.Germ.152. Farbmikrofiche-Edition. Literarhistorische Einführung und Be¬
schreibung von Ute von Bloh (Codices illuminad medii aevi 17) München 1990, S. 21 ff.
9 Müller (wie Anm.6).
10 Haubrichs (wie Anm.2).
11 Haubrichs (wie Anm.2), S.18, hat das Problem nicht übersehen; er hilft sich mit der Vorstellung einer
Rezeption gegen den Geist des Epos im Sinne einer Leiderfahrung, die läutert. Ich zögere, dieser These
zu folgen.
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