lungen werden vermieden (etwa die Geburt des Sohnes), Dialoge und Aufzählungen (etwa
der Belagerer) konzentriert. Die Beschreibung von Zeremonien ist entweder gerafft oder
es wird ganz darauf verzichtet (so auf die Abschiedszeremonie zu Beginn).
Außerdem löst sich die Übersetzung verschiedentlich ganz von der Vorlage. Geht man in
der französischen Fassung davon aus, daß mit der militärischen Hilfe des französischen
Königs nicht zu rechnen sei (V. 107), so werden in der deutschen Prosa lediglich Zweifel
formuliert (Bl. 49v); und sind in der französischen Fassung (V. 109) dreißig Verräter in der
Umgebung Ludwigs genannt, so legt sich die Prosaübersetzung (Bl. 49v) auf keine Zahl
fest. Der Name Marfune / Marphone wird überdies in je anderer Weise erklärt: Die franzö¬
sische Fassung nimmt die Erwähnung der Geburt eines Sohnes zum Anlaß dafür, die
grausame Rache zu antizipieren, die der Sohn übt, um den Verrat am Vater sowie die hin¬
terhältige Kastration zu vergelten (V. 17-27). Die Prosaübersetzung verweist demgegen¬
über allenfalls auf das bedenkliche Schicksal Marphones, indem der Name als Bezeich¬
nung für Unglück ausgewiesen ist (Bl. 49v). Auch die förmliche Begrüßung folgt wohl un¬
terschiedlichen Konventionen, wenn der Bote in der französischen Fassung in seinen Se¬
genswunsch lediglich den Kaiser einschließt (V. 74), während in der Prosaübersetzung
neben dem Kaiser auch das Gefolge (Kitterschafft, Bl. 49v) Erwähnung findet.
Auch kleinere Ergänzungen lassen sich feststellen, z.B. wenn in der deutschen Prosa erin¬
nernd hinzugesetzt ist, daß Ludwig seine Hilfe verweigerte, als Loher sich bei den Lom¬
barden in Gefangenschaft befand (Bl. 49v). Ob die erläuternden Informationen zu Ymera,
dem Unseligen, sowie dessen anfeuernde Worte ebenfalls Ergänzungen darstellen, ist
schwer zu sagen. Möglicherweise folgte dieser Passus in der französischen Fassung nach
dem Quellennachweis. Dann aber wäre das eine Umordnung, und eine solche könnte
auch an anderer Stelle vorgenommen worden sein (wenn es sich nicht gleichfalls um eine
Kürzung handelt und die französische Fassung den Sachverhalt an gegebener Stelle noch
einmal wiederholt), denn von der Umbenennung des Flusses (V. 47-49) ist in der Hand¬
schrift in Hamburg erst sehr viel später (Bl. 74r) anläßlich des Krieges zwischen Loher
und Ludwig die Rede: das wasser wart dar nach genant mam [...] Der nam wart Im von Marphone.
Editorische Vorbemerkungen
Das französische Fragment ist der deutschen Prosa nach H synoptisch gegenübergestellt.
Unter dem französischen Text steht die Übersetzung ins Neuhochdeutsche; unter dem
frühneuhochdeutschen Prosatext nach H steht der Apparat mit den Varianten der übrigen
Textzeugen.
Die dem französischen Fragment entsprechende Textpartie befindet sich in den deut¬
schen Handschriften auf den folgenden Blättern:
H Bl. 49r-51r
K Bl. 57r - 58v
Hb BL 101r-103r
P Bl. 53r - 54v
W Bl. 68v - 69v (nach Bl. 69 ist ein Blatt herausgerissen, so daß am Ende eine Lücke
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