schichte, war eine nach dem Ende des Feldzugs vermutlich in Nancy verkündete Ordon¬
nanz, mit der eine Epoche des monarchischen Heerwesens eingeleitet wurde, in deren
Verlauf die Etablierung stehender Kompanien die politische Entwicklung der europäi¬
schen Staatenwelt in entscheidender Weise prägen würde198.
Résumé
Die Zeit von Elisabeths Regentschaft stand im Schatten von teils sensationellen, teils
grauenvollen Vorgängen und Umbrüchen. Zwar werden manche der dabei langfristig
wirksamen Komponenten nur wenigen Zeitgenossen einsehbar gewesen sein. Für jeder¬
mann erkennbar war freilich gleich zu Beginn von Elisabeths Zeit der Wandel in dem
zwischen Bedford, Karl VII. und Philipp dem Guten aufgeteilten Frankreich, als Jeannes
Dauphin in Reims zum König gesalbt und gekrönt wurde. Die Bauerntochter, die dieses
Wunder ermöglicht hatte, war in einem Dorf aufgewachsen, das unter der Herrschaft ei¬
ner Cousine Elisabeths stand, das von einem Verwandten des Grafen Philipp in geradezu
existenzbedrohendem Ausmaß drangsaliert worden war, während Jeannes Landesherr,
Herzog René von Bar, seit 1425 mit Elisabeths Bruder, dem Grafen von Vaudémont, um
den künftigen Besitz des Herzogtums Lothringen stritt. Nach Karls VII. Triumph von
Reims schien die Vertreibung der Engländer aus dem Königreich nur noch eine Frage
weniger Monate zu sein. Aber dann wandte sich das Blatt: Die Jungfrau aus Domremy ge¬
riet in Gefangenschaft, wurde in Rouen exekutiert. Die Folgen von Karls VII. Apease-
ment-Politik gegenüber Burgund waren für die Gebiete westlich der Grafschaft Saarbrü¬
cken über mehr als zehn Jahre hinweg im wahrsten Sinne dieses Wortes verheerend. Die
Engländer waren zwar verschwunden, dafür aber sorgten Bandenchefs, ob sie nun An¬
hänger Philipps des Guten waren oder solche Karls VII., für eine Steigerung des Chaos,
das erst mit der Usurpation des Herzogtums Luxemburg durch den Herzog von Burgund
und das Eingreifen des Königs übersichtlicher geordnet wurde: Von nun würden Frank¬
reich und Burgund als die beiden Pole wirken, denen sich die kleineren Mächte der Regi¬
on unterzuordnen hatten. Allenfalls ein in der Region präsenter Herzog von Bar und
Lothringen würde sich bei diesem Doppelspiel noch als eigenständiger Partner behaupten
können. Es mag sein, daß die Einsicht in die Sprengkraft dieser Konstellation zu dem
Entschluß von Elisabeths Sohn Johann beigetragen hat, seinen Anteil an der in jenem
Spannungsfeld gelegenen Herrschaft Commercy im Februar 1444 zu verkaufen, und es
198 Die sog. Große Ordonnanz ist nicht erhalten, ihr Inhalt kann aber rekonstruiert werden, vgl. Contamine:
Guerre (wie Anm. 33), S. 278 mit Anm. 4, der die verlorene Ordonnanz zwischen zwei erhaltene datiert,
die ebenfalls dem Mililitärwesen gewidmet waren und am 9. Januar 1445 in Nancy bzw. am 25. Mai in
Louppy-le-Chäteau (bei Bar-le-Duc), ausgestellt wurden. Edidon: (1), Tuetey, Les écorcheurs (wie Anm.
184), Bd. 1, S. 307 ff.; (2), Cosneau, E.: Le connétable de Richemont, Arthur de Bretagne, 1393-1458, Paris
1886, Appendix Nr. 83, S. 609f. Vgl. die Zusammenfassung von Contamine: Artikel „Compagnie
d’ordonnance“, in: LexMA Bd. 3, 1986, Sp. 99.
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