eine noch schlimmere Plage für das Land als diejenigen, die sie bekämpfen sollten. Be¬
sonders hervorgetan haben sich bei den Plünderungszügen auf königlicher Seite zwei alte
Kampfgefährten der Jeanne d‘Arc, die Sieger von Patay, La Hire und Poton de Xaintrail-
les182, auf der anderen war es Robert von Saarbrücken, der gegen die Anjou in Lothringen
kämpfte, seiner Tätigkeit aber auch auf eigene Rechnung nachging183.
Die an Kriegsgreuel durchaus gewöhnten Zeitgenossen haben die neuerlichen Exzesse als
eine unerträgliche Heimsuchung empfunden und ihre Plagegeister als écorcheurs (Schinder)
gebrandmarkt184. Ende 1439 sah sich Karl VII. veranlaßt, eine Ordonnanz gegen das Un¬
wesen jener angeblich ohne seine Autorisierung wütenden Söldnerbanden zu verkün¬
den185, indes war er in den folgenden Monaten vor allem damit beschäftigt, die als Praguerie
bezeichnete Opposition des hohen Adels zu unterdrücken, die sich die Eindämmung der
seit den Siegen von 1429 und dem Frieden von Arras rasch expandierenden Macht der
Krone zum Ziel gesetzt hatte186. Im Februar 1441 konnte Karl jedoch die Initiative ergrei¬
fen und unternahm in eigener Person einen Feldzug in die Heimat der Jeanne d‘Arc, wo
sich seit der Jahreswende 1299/1300 keiner seiner Vorgänger hatte blicken lassen187. In
Vaucouleurs erschien Robert von Saarbrücken-Commercy und leistete am 28. Februar
Abbitte für seinen Krieg gegen Karls Schwager René, obendrein aber auch Lehnseid und
Mannschaft für seinen Anteil an der Herrschaft Commercy. Einen Monat später konnte
der König in Reims auch den Grafen von Vaudémont zum Nachgeben bewegen188. Der
Vertrag zwischen Anton und den Vertretern Renés erwies sich in der Folge als tragfähige
Basis für den Frieden zwischen diesen Parteien und bewirkte im übrigen, daß der Vaudé¬
mont sich von seinem bisherigen Patron, dem Burgunder, abwandte und zu einem Partei¬
gänger Karls VII. wurde189.
Einer von Antons einstigen Bundesgenossen aber war noch immer nicht bereit, die Nie¬
derlage hinzunehmen. Robert von Saarbrücken-Commercy setzte seine Attacken auf Bar-
Lothringen fort, mußte aber Ende 1443 erneut einlenken und hat sich am 3. Februar 1444
182 Vgl. die Artikel von Contamine, Philippe: „La Hire“, in: LexAiA Bd. 5, 1991, Sp. 1614 f.; u. „Xaintrailles,
Poton, Seigneur de“, in: LexAiA Bd. 9, 1998, Sp. 395 ff.
183 Vgl. Aimond: Les relations, S. 250 f.
184 Vgl. Tuetey, A.: Les Écorcheurs sous Charles 17/, Bd. 1-2, Montbéliard 1874; Aimond: Les relations (wie
Anm. 141), S. 260 f.
185 Ordonnances (wie Anm. 83), Bd. 13, S. 306.
186 Vgl. Contamine, Philippe: Artikel „Praguerie“, in: LexAiA Bd. 7, 1995, Sp. 167 ff.; Vale: Charles T 77 (wie
Anm. 1), S. 70 ff.
187 Zur Begegnung Philipps IV. und Albrechts I. bei Quatrevaux, einem Gehöft zwischen Toul und Vau¬
couleurs, vgl. z. B. Hessel, Alfred: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter König Albrecht I. von Habsburg, Mün¬
chen 1931, S. 82. Zu Karls VII. erster Lothringenreise vgl. Aimond: Les relations (wie Anm. 141), S. 261.
188 François: „Vaudémont 2“ (wie Anm. 121), S. 249 mit Verweis auf den am 27. März 1431 in Langres ge¬
schlossenen Vertrag.
189 Vgl. François: „Vaudémont 2“, S. 251 ff: Graf Anton erhob 1449 vor dem Pariser Parlament Klage ge¬
gen Philipp den Guten, weil dieser ihn um Renés Lösegeld geprellt hätte. Am Verfahren, das vermutlich
wie das Hornberger Schießen ausging, war als Exekutivbeamter auch Robert von Baudricourt beteiligt.
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