Full text: Zwischen Deutschland und Frankreich

Die Folgen des Friedens von Arras: 
Die Écorcheurs und König Karl VII. in Lothringen 
Nach dem Frieden von Arras und dem damit einhergehenden Verzicht auf den größten 
Teil der Grafschaft Champagne stand für Philipp wiederum das Problem des Brücken¬ 
schlags zwischen seinen Gebieten in Nord und Süd auf der Tagesordnung175. Einen Pfeiler 
dafür versuchte er zunächst unter rigoroser Ausnutzung der Zwangslage Renés von Anjou 
zu errichten176. Er forderte die Auslieferung des Herzogtums Bar als Pfand für Renés Lö¬ 
segeld, das anfangs, dem königlichen Status des Gefangenen gemäß, auf die ungeheuerli¬ 
che Summe von 3 Millionen Dukaten festgesetzt, dann auf immer noch 1 Million redu¬ 
ziert wurde. Als diese Erpressung an Renés Standhaftigkeit scheiterte, wurde die in sol¬ 
chen Fällen schon oft bewährte Eheallianz ins Spiel gebracht: Renés jüngere Tochter 
Margarete sollte Philipps Sohn Karl heiraten und als Mitgift das Herzogtum mitsamt der 
Markgrafschaft von Pont-ä-Mousson erhalten, die dann bis zur Geschäftsfähigkeit des 
damals gerade drei Jahre alten Bräutigams von dessen Vater regiert werden sollte177. Aber 
auch diese Variante wurde nicht realisiert. Am Ende mußte sich der Burgunder mit der 
Aussicht auf ein Lösegeld in Höhe von nur noch 400.000 écus zufrieden geben178. Ende 
1436 wurde René wieder in die Freiheit entlassen. Alles schien auf eine friedliche Zukunft 
im oberlothringischen Raum hinzudeuten, als im Oktober 1437 auch eine Einigung zwi¬ 
schen René und seinem Widersacher von Vaudémont erzielt werden konnte179. Aber nur 
wenig später kam es zu einem erneuten Ausbruch des Konflikts, in den nunmehr König 
Karl VII. nicht mehr allein durch Stellvertreter eingegriffen hat, sondern in höchst eigener 
Person. 
René scheint davon überzeugt gewesen zu sein, daß seine Herrschaft über Bar und Loth¬ 
ringen nunmehr als gesichert gelten konnte. Jedenfalls reiste er im Frühjahr 1438 gen Sü¬ 
den, um seinen Anspruch auf das Königreich Sizilien-Neapel durchzusetzen180. Anton von 
Vaudémont nahm die Gelegenheit wahr und unternahm mit Hilfe picardischer Söldner 
und adeliger Bundesgenossen der Region Raubzüge quer durch Bar und Lothringen, wo¬ 
raufhin Renés Amtleute Karl VII. um Hilfe baten181. Die wurde auch nicht verweigert, je¬ 
doch erwiesen sich die vom König in den Osten gesandten Söldnerführer schon bald als 
175 Vgl. u. a. Miller: Jakob von Sierck (wie Anm. 149), S. 33 ff. u 80 ff. 
176 Ebd., S. 40 ff., bes. S. 43, Anm. 178. Die Lösegeldforderungen wurden teilweise schon in Währungen 
Italiens (Venedigs und Neapels) bemessen. 
177 Ebd., S. 45 mit Hinweisen auf weitere Forderungen des Burgunders. 
178 Ebd., S. 46 mit dem Verweis auf die Überlieferung des am 28. Januar 1437 in Lille beurkundeten Ver¬ 
trags. Vgl. auch Toussaint: Les relations (wie Anm. 158), S. 153 ff. 
179 Vgl. François: „Vaudémont“ (wie Anm. 121), S. 244 sowie S. 245, Anm. 1: Verweis auf einen am 16. Ok¬ 
tober 1437 geschlossenen Vertrag, demzufolge Anton den Frieden wahren wollte. 
180 Abreise Renés aus Marseille: 12. April 1438. Nahezu gleichzeitig eröffnete Anton die Feindseligkeiten, 
François: „Vaudémont“, S. 245. 
181 Vgl. zusammenfassend Aimond: Les relations (wie Anm. 141), S. 260 ff.; Mohr: Geschichte (wie Anm. 21), S. 
79. 
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