Bernhard Mohr
Landwirte als Grenzgänger.
Schweizerischer Auslandsanbau im
deutschen Hochrheingebiet
1. Einführung
Bei der Bewertung von Staatsgrenzen in Geschichte und Gegenwart tritt zunächst
ihre trennende Wirkung in den Vordergrund. An Staatsgrenzen können sich aber
auch grenzüberschreitende Verflechtungen und Strukturen erhalten oder entwickeln,
die länderverbindend wirken. Die deutsch-schweizerische Grenze ist ein typisches
Beispiel für beides. Einerseits trennt sie nicht nur zwei Staaten, sondern immer noch
den EU- und EWR-Raum von einem Nichtmitglied der Gemeinschaft. Andererseits
gehörte das Hochrheingebiet lange ungeteilt zum Deutschen Reich und ist bis heute
Teil des alemannischen Sprachraums.
In den folgenden Ausführungen wird ein Aspekt aus den zahlreichen und engmaschi¬
gen grenzüberschreitenden Verflechtungen am Hochrhein herausgegriffen, nämlich
die Bodenbewirtschaftung durch Schweizer Landwirte im deutschen Grenzgebiet.
Dieser sogenannte Auslandsanbau ist räumlich sehr begrenzt, infolgedessen weithin
unbekannt und - vermeintlich - ohne spektakuläre Züge. Er hat aber für den schma¬
len Grenzsaum und seine Bewohner eine ebenso große Bedeutung wie die überregio¬
nal wirksamen arbeitsfunktionalen Beziehungen durch die rund 30 000 aus Südbaden
in die Schweiz pendelnden Grenzgänger, wie die schon traditionellen Schweizer Ka¬
pitalinvestitionen auf deutscher Seite in Form von industriellen Zweigwerksgrün¬
dungen, wie die Verflechtungen beim Einkaufsverhalten, im Freizeitbereich, im Ge¬
sundheitssektor usw. Kooperation wie stimulierende Konkurrenz sind hierbei neben¬
einander zu beobachten, sie können sich in Teilbereichen überschneiden oder sogar
die Stoßrichtung ändern.
Um das agrarische Verflechtungsmuster am Hochrhein zu verstehen, muß zunächst
ein Blick auf den schweizerischen Auslandsanbau insgesamt geworfen werden, be¬
vor die Entwicklung und Situation in der deutschen Grenzregion, speziell im Bereich
des Kantons Schaffhausen, zur Sprache kommen. Eine Detailuntersuchung über
zwei besonders stark betroffene deutsche Gemeinden schließt den Beitrag ab.
2. Auslandsaktivitäten Schweizer Landwirte
Umfang und Entwicklung
Etwa 2 000 Schweizer Bauern bewirtschaften zwischen 7 000 und 8 000 ha grenznah
gelegener Grundstücke außerhalb des eidgenössischen Territoriums. Sie dürfen die
dort erzeugten Agrarprodukte abgaben- und bewilligungsfrei ins Inland einführen.
Aus Tab. 1 geht hervor, daß die Einfuhr dieser „rohen Bodenerzeugnisse“ zwischen
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