tum und erst recht das Berufspendlertum herein, das längst relevante Ausmaße ange¬
nommen hat, wenn man beispielsweise daran denkt, daß Frankfurt am Main eine
Großstadt ist, die über weit mehr Arbeitsplätze als Schlafstätten verfügt und arbeits-
täglich Hunderttausende an Pendlern hat.
Berufspendler gehören in unsere Vorstellung von Grenzgängern schon eher, wenn
Staatsgrenzen bzw. innerhalb der EU deren - immer noch höchst beachtliche - Rudi¬
mente regelmäßig passiert werden. Bei jenen 30000 Lothringern wäre dies der Fall,
von denen der Saarländische Rundfunk im 3. Programm etwa am 14.4.1997 berichte¬
te, daß sie täglich ins Saarland zur Arbeit kämen und hier bei der AOK versichert
seien. Letzteres bringt sogar Probleme mit sich, doch lassen sie sich in der Regel lö¬
sen, zumal die Erscheinungsformen nicht mehr sehr jung sind.
Bernhard Mohr bezeichnete 1982 den Grenzgängerverkehr zwischen dem Elsaß und
der Bundesrepublik Deutschland als “eine relativ junge Erscheinung”, deren Anfän¬
ge in die 50er Jahre zurückreichten, als die Pendelwanderung zunächst aus Baden
nach Frankreich gerichtet war, was sich dann zumeist umkehrte. Nach Mohr wiesen
solche Pendler auf “Verflechtungen, die sich zwischen den Arbeitsmärkten diesseits
und jenseits des Rheins entwickelt haben. Immerhin überschreiten täglich mehr als
50000 Personen (Stand 6/1982) die verschiedenen Staatsgrenzen in den Hoch- und
Oberrheinlanden zwischen Konstanz, Basel und Karlsruhe, um einer Beschäftigung
im Ausland nachzugehen.”25 So ergaben sich schon vor 15-20 Jahren besondere Ver¬
flechtungen auch zwischen Wohn- und Arbeitsorten, bildeten sich beiderseits des
Rheins Aus- und Einpendlerzentren.
Nach diesem Ausblick soll schließlich das Ziel des gemeinsamen Bemühens noch
einmal herausgestellt werden: Es soll mit dem Zugriff des Arbeitsrechtiers und des
Soziologen, mit solchen mittelalterlicher wie zeitgeschichtlicher Forschung, mit den
Perspektiven von Sprach- und Literaturwissenschaftlem, ganz wesentlich mit dem
geschulten Auge des Geographen und der ethnologisch orientierten Anthropologie
das Grenzgängerphänomen beschrieben und analysiert werden, es sollen
beabsichtigte, einkalkulierte und unerwartete Ausprägungen, sozusagen Nebenwir¬
kungen, erfaßt werden, und nicht zuletzt gehört dazu das Bemühen, den
Gegenstandsbereich zu definieren. Einbezogen werden muß wohl auch die
Abgrenzung vom Typ des Gastarbeiters, des bloßen Berufspendlers und vielleicht
sogar vom Typ des Saisonarbeiters. Das alles ist Aufgabe der in diesem Band
vertretenen Disziplinen und Beiträge.
25 Ebd., S.l.
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