Sprachgebrauch stimmt meistens mit der Nationalsprache überein. Nur eine Minder¬
heit der befragten germanophonen Lothringer verwendet noch Dialekt in der Öffent¬
lichkeit, etwa ein Drittel in der Metzgerei und im Gasthaus, weniger als ein Viertel im
Supermarkt und im Rathaus.
Was den Einkauf im Nachbarland betrifft, wurde ebenfalls nach dem Sprachverhal-
ten in der Metzgerei, im Supermarkt und im Gasthaus gefragt. Die befragten Grenz¬
gänger passen sich ganz überwiegend der jeweils geltenden Nationalsprache an. Sel¬
ten wird explizit der Dialekt genannt. Eine Ausnahme bilden die Lothringer, die trotz
vorhandener Sprachkenntnissse beim Einkauf in Luxemburg fast ausschließlich
französisch sprechen. Gerade wegen der starken Präsenz von frankophonen Grenz¬
gängern aus Frankreich und Belgien im Personal des luxemburgischen Einzelhandels
sprechen auch die Grenzgänger aus Deutschland beim Einkauf in Luxemburg oft
französisch, sofern die Sprachkenntnisse dies zulassen.
Am Arbeitsplatz gelten ganz unterschiedliche Sprachregelungen, je nachdem, ob
man sich mit dem Chef, mit Kollegen, mit Untergebenen oder mit Kunden unterhält.
Eindeutig sind die Sprachregelungen mit dem Chef, nämlich meistens die National¬
sprache. Für Luxemburg wurde überdies mehrmals Englisch angegeben. Nur in we¬
nigen Fällen - und zwar in Luxemburg, im Saarland und in der Westpfalz - war der
Dialekt das Verständigungsmittel mit dem Chef. In der Unterhaltung mit Untergebe¬
nen wird ebenfalls die Nationalsprache bevorzugt, mit der Ausnahme Luxemburg,
wo in der Triglossie-Situation oft das Französische als ‘Respektsprache’ benutzt
wird. Im Gespräch mit Kollegen werden mehrere Sprachen angewandt, wobei der
Dialekt und Luxemburgisch von rund einem Dritteln der Befragten ausdrücklich ge¬
nannt wurden. Noch differenzierter ist das Bild beim Kundengespräch. Etwa ein
Viertel der Befragten, die im Kontakt mit Kundschaft stehen, gaben sogar drei und
mehr Sprachen an, womit man in Luxemburg mit Abstand das größte Sprachenange¬
bot für die Kundschaft bereithält. Im Saarland werden von etwa zwei Dritteln der Be¬
fragten nur die Landessprache Deutsch beziehungsweise deren Dialekte mit Kunden
verwendet. Auffälligerweise konnten gerade hier einige der besser Qualifizierten
ihre Französischkenntnisse im Kundenkontakt gar nicht anwenden - wohl wegen
mangelnder Nachfrage.
Vergleicht man diese Angaben zu den Sprachdomänen mit Fragen zur Einschätzung
der eigenen Sprachkompetenz, zur Haltung gegenüber sprachprognostischen Aussa¬
gen und sprachpolitischen Forderungen und schließlich zu den von den Befragten
frei formulierten Erfahrungen und Wünschen, so lassen sich mehrere Typen von
Spracheinstellungen herausarbeiten. Die so gewonnenen Typisierungen will ich ei¬
ner Detailanalyse voranstellen.
1. Die nationalsprachlich Orientierten.
Selbst wenn die Mitglieder dieser Gruppe in der Familie zweisprachig sind, so
verwenden sie in der Öffentlichkeit eines jeden Landes doch nur die jeweils offizi¬
elle Sprache. Die National spräche und das nationale Territorium scheinen für sie
unteilbar zu sein. Sie wenden sich häufig gegen sprachpolitische Forderungen im
Sinne einer offiziell zweisprachigen Saar-Lor-Lux-Region und sehen die Funkti¬
on und die Zukunft der Dialekte negativ. In diese Gruppe gehören überwiegend
Einsprachige mit eher passiven Fremdsprachenkenntnissen, vor allem sind es
188