Full text: "Grenzgänger"

sischen beherrscht wird.5 6 Neuerdings gibt es wieder Ansätze für einen frühzeitigen 
Deutschunterricht in den Schulen.0 
Lothringen ist größtenteils frankophon. Französisch ist wie in ganz Frankreich allei¬ 
nige Amtssprache. Im germanophonen Nordosten Lothringens genießt das Deutsche 
also keinen Status als offizielle Sprache. Zu dieser Situation hat die Abwehr gegen 
die moderate, aber beharrliche Eindeutschung in der Reichslandszeit (1871-1918) 
und ihre radikale Ausprägung während der nationalsozialistischen Okkupation 
(1940-1945) ebenso beigetragen wie der ausgeprägte französische Sprachzentralis- 
mus seit der Französischen Revolution. Heute haben die mosel- und rheinfränkischen 
Dialekte Nordostlothringens, zusammenfassend als Francique oder Fränkisch be¬ 
zeichnet, den Status einer Regionalsprache, mit Deutsch als deren Schriftform. Die¬ 
ser Status ermöglicht finanzielle Zuwendungen von staatlicher Seite für sprachlich¬ 
kulturelle Aktivitäten und die Unterrichtung als Schulfach.7 
Im Saarland werden in der nordwestlichen Hälfte moselfränkische und in der südöst¬ 
lichen Hälfte rheinfränkische Dialekte gesprochen. Die Dialekte werden vom Hoch¬ 
deutschen überdacht. Zahlreiche Schattierungen zwischen Dialekt und Hochsprache 
sowie Kompromißformen der unterschiedlichen Ortsdialekte beherrschen die All¬ 
tagskommunikation. Das Französische hat, abgesehen von Adelskreisen, erst seit der 
Mitte des 19. Jahrhunderts eine Tradition als Bildungssprache herausbilden können. 
Gegen Versuche einer französischen Sprachforderung in den sogenannten Domani- 
alschulen der französischen Grubenverwaltung wurde während der Völkerbundsver- 
waltung (1919-1935) scharf polemisiert, und noch in den 50er Jahren scheiterte die 
Einführung des Französischen als früh zu erlernender Fremdsprache in den Volks¬ 
schulen an Protesten des Lehrpersonals.8 Mit der Ablehnung des Französischunter¬ 
richts bekräftigte man damals im Saarland eine deutsche Identität. Inzwischen haben 
sich im Saarland die Französischkenntnisse langsam, aber stetig verbessert, und 
Französisch ist die wichtigste Fremdsprache geworden. Bis zu einer verbreiteten 
5 Peter Hans Neide, Volkssprache und Kultursprache. Die gegenwärtige Lage des sprachli¬ 
chen Übergangsgebietes im deutsch-belgisch-luxemburgischen Grenzraum (Zeitschrift für 
Dialektologie und Linguistik Beihefte Neue Folge Nr. 31), Wiesbaden 1979, S. 66-96. 
6 Zum Deutschunterricht in Belgisch-Luxemburg vergleiche: Innergemeinschaftliches Re- 
gional-Institut, Untersuchung zur Zwei- und Mehrsprachigkeit in der Großregion. Im Auf¬ 
trag des Mimstère de l’Aménagement du Territoire du Grand-Duché de Luxemburg, Lu¬ 
xemburg 1997, S. 215-217. 
' Zur aktuellen Lage - die sprachhistorischen Teile sind allerdings mit Fehlem behaftet - der 
germanophonen Dialekte in Lothringen vergleiche Sabine Legrand, Zur Situation der Spra¬ 
chenpolitik in Ostlothringen, Diplomarbeit, Saarbrücken 1993. Weiter ist zu nennen Comé- 
lia Stroh, Sprachkontakt und Sprachbewußtsein. Eine soziolinguistische Studie am Bei¬ 
spiel Ost-Lothringens (Tübinger Beiträge zur Linguistik 383), Tübingen 1993, zugleich 
Bremen, Universität, Dissertation, 1992, S. 40-60. 
8 Die Geschichte des Französischen im Saarland skizziert Hans-Walter Herrmann, Kenntnis 
und Verwendung der französischen Sprache in früheren Zeiten, in: Moselle-Saarland, 
Grenzüberschreitende nachbarschaftliche Zusammenarbeit, Freyming-Merlebach ohne 
Jahr, S. 33-67. Zur Auseinandersetzung um den Französchunterricht in den saarländischen 
Volksschulen vgl. Armin Heinen, Saarjahre. Politik und Wirtschaft im Saarland 1945-1955 
(Historische Mitteilungen Beiheft 19), Stuttgart 1996, S. 344 f. 
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