Angehörigen in der Lausitz zu Feiertagen besuchen wollten, mitgebrachte Güter ab¬
genommen wurden.
3. Nach dem Ende des sorbisch-tschechischen Grenzgängertunis
1949 verbanden die noch in der Tschechoslowakei lebenden Sorben die Aufnahme
diplomatischer Beziehungen zwischen Tschechoslowakei und DDR zunächst noch
mit der Hoffnung, daß in der Botschaft ein sorbischer Mitarbeiter sich mit ihren spe¬
zifischen Fragen beschäftigen würde. Dies erfolgte jedoch nicht. Statt dessen wurden
alle Sorben nach Deutschland zurückgerufen. Die letzte Schülergruppe setzte 1950
den Unterricht an der sorbischen Oberschule in Bautzen fort. Auch hinsichtlich der
Studenten in Polen wurde Anfang der 50er Jahre durch die DDR-Regierung festge¬
legt, daß nur noch abschließende Semester in Polen bleiben durften, alle übrigen Stu¬
denten wurden nach Leipzig zurückgeholt13.
Es ist hervorzuheben, daß die Ausbildung mehrerer hundert sorbischer Schüler un¬
mittelbar nach dem Krieg im Nachbarland von herausragender Bedeutung für die ge¬
samte kulturelle Nachkriegsentwicklung für das sorbische Volk war. Nur durch die
vom tschechischen Schulverein „Matica skolska“ unterstützte gymnasiale Ausbil¬
dung und die Gewährung von Studienmöglichkeiten in der Tschechoslowakei, Polen
und Jugoslawien konnte sich eine Schicht sorbischer Intellektueller herausbilden, die
dann in der Lage war, in Bildung, Kultur, Wissenschaft und Politik Elitefunktionen
bis nach der politischen Wende in der Lausitz einzunehmen. Auch auf den Erlaß des
Gesetzes zur Wahrung der Rechte der sorbischen Bevölkerung dürfte die aus der
Tschechoslowakei gewährte Unterstützung der Sorben nicht ohne Einfluß gewesen
sein. So erklärte ein CDU-Landtagsabgeordneter seine Zustimmung zum Gesetz un¬
ter anderem mit folgenden Worten: „Somit ist es in Zukunft auch nicht mehr nötig,
daß die Kinder dieser Minderheit ihre Ausbildungsstätten im Ausland suchen müs¬
sen, wo ihnen besondere Vorzüge auch gewährt wurden.“14
Nach 1950 wurden Auslandsstudien für Sorben nur noch nach den DDR-üblichen
Auswahlverfahren vergeben, der besonderen slawischen Herkunft und sprachlichen
Voraussetzungen wurde bewußt nicht Rechnung getragen. Selbst die Auslandsbezie¬
hungen der Domowina unterlagen einer strikten Kontrolle und Regulierung durch die
SED. Erst die Einführung paß- und visafreier Reisemöglichkeiten führte ab Ende der
60er Jahre wieder zu einer Erweiterung von Kontakten auf verschiedenen Ebenen
(Austausch und partnerschaftliche Kontakte zwischen sorbischen und tschechischen
Kulturensembles, Kontakte der Domowina mit den Verbänden der polnischen und
ruthenischen Minderheit in der Tschechoslowakei, vielfältig strukturierte Partner¬
schaftsbeziehungen zwischen Gemeinden, Schulen, Betrieben und Landwirtschaftli¬
chen Produktionsgenossenschaften beider Länder).
Während die Mehrzahl der sorbischen Grenzgänger wieder in die Lausitz
zurückkehrte, blieb eine kleine Gruppe von Sorben, meist Frauen, durch Heirat eines
13 Vgl. Ludwig Elle, Sprachenpolitik in der Lausitz (Schriftenreihe des Sorbischen Instituts
11), Bautzen 1995,8.78.
14 Protokoll der 37. Sitzung des sächsischen Landtages, 25 Februar 1948, in: Stiftung Archiv
der Parteien und Massenorganisationen der DDR beim Bundesarchiv, NL 74/150 Bl. 40.
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