sorgung mit Arbeitskräften, doch sind derartige Zusammenhänge schwer zu erken¬
nen und dann ggf. nur umständlich darstellbar. Ähnlich verhält es sich mit allen
Landbewohnern, die beispielsweise täglich oder doch recht regelmäßig in mittelal¬
terliche und frühneuzeitliche Städte gingen, um dort zu arbeiten. Zu ihnen gehört ex¬
emplarisch jener Landbäcker, der mit transportablem, auf einen Karren montierten
Ofen seine Waren backfrisch auf den städtischen Absatzmarkt brachte, wie es die il¬
lustrierte Handschrift des Ulrich von Richenthal über das Konstanzer Konzil so
schön dokumentiert.10 11 Solche und ähnliche Einzelpersonen und auch Personengrup¬
pen lassen sich in den Quellen im allgemeinen nur mühsam fassen, sie bleiben für die
etwas engere Grenzgänger-Thematik daher unberücksichtigt.
Weit besser lassen sich Personen fassen, die zu ihrer eigenen Ausbildung und vor al¬
lem zur Vervollständigung der Berufsqualifikation in die Fremde gingen, über die
Grenzen ihrer Heimat möglichst ins Ausland. Zu denken ist vor allem an mittelalter¬
liche und frühneuzeitliche Handwerkerwanderungen.11 Seit dem frühen 14. Jahrhun¬
dert steigerten sie sich im deutschsprachigen Raum zur recht festen Gewohnheit,
“während der Gesellenzeit eine Phase der Wanderschaft einzuschieben”, die im
Handwerk auch als Wanderschaftspflicht empfunden werden konnte. Die Gründe da¬
für sind vielfältig. Die ältere Forschung sah vornehmlich Ab- und Ausgrenzungsver¬
suche der Zünfte als Ursache an, daß Gesellen in der Feme Arbeit suchten. Doch ist
diese Sehweise erheblich erweitert worden durch den Nachweis, daß man seit dem
Spätmittelalter “die Gesellenjahre als eigenen Lebensabschnitt selbständig zu gestal¬
ten” suchte, daß neben zweifellos häufig guten Arbeitschancen jenseits der heimi¬
schen Grenzen in der Fremde “Kenntnis- und Erfahrungserweiterung, Neugier und
Fernweh sowie der Lebensstil unverheirateter junger Männer”12 für die Durchset¬
zung der Wanderschaftsgewohnheiten maßgeblich waren.
Auskommen und Erwerb zusätzlicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen sind
Elemente, die auch für spätere Jahrhunderte als wesentlich angesehen werden könn¬
ten, für die spezielle Grenzgängerthematik mithin ebenfalls relevant wären. Ange¬
bracht ist ein zusätzlicher Blick von den Handwerksgesellen zu den Lehrlingen, die
in die Fremde wanderten, um sich ausbilden zu lassen. Im spätmittelalterlichen Euro¬
pa vornehmlich des 15. Jahrhunderts suchten Lehrlinge in der Fremde ergänzend zur
Fachausbildung die Zweisprachigkeit, und faszinierend ist es, wenn gar mancher
Meister sich als Lehrling in der Fremde verdingte, um neben dem Fremdsprachener¬
10 Fahrbarer Backofen. Aus: Ulrich von Richental, Konstanzer Konzilschronik 1465, in:
Ders., Das Konzil zu Konstanz (Faksimileausgabe) Konstanz 1964, fol. 23r.
11 Knut Schulz, Art. Wanderschaft, -spflicht, in: Lex MA 8 (1997) Sp.2010f. (mit reichen Li¬
teraturhinweisen); Ders., Mobilität im Handwerk - Wanderwege (Spätmittelalter), in: Eu¬
ropäische Technik im Mittelalter. 800 bis 1400. Tradition und Innovation, hrsg. von Uta
Lindgren (Berlin 1997) S.503-508.
12 K. Schulz, in: Lex MA, Sp.2011; ausführlich Knut Schulz, Handwerksgesellen und Lohn¬
arbeiter. Untersuchungen zur oberrheinischen und oberdeutschen Stadtgeschichte des
14.-17. Jahrhunderts (Sigmaringen 1985).
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