len der Englisch-Lemenden; die deutsche Sprache nimmt nahezu überall in die¬
sem Bereich zu, sowohl was die Zahl der Lernenden wie die Bedeutung in der
Gesellschaft angeht. Beispielhaft heißt es im Jahresbericht 1992/93 des Goethe-
Instituts Moskau: „Der Schwerpunkt der Spracharbeit liegt bei [sic!] der Päd¬
agogischen Verbindungsarbeit. Priorität bei der Unterstützung unserer Partner
haben Maßnahmen bei der Entwicklung neuer Bildungsziele und konsequen¬
terweise neuer Curricula. Wirtschaftsdeutsch ist als weiterer Schwerpunkt hin¬
zugekommen, da auf diesem Gebiet die Verwirrung der Begriffe besonders
groß ist. Mit Sprachkursen im eigenen Haus konnte begonnen werden, wenn
auch noch in bescheidenem Umfang. Der Andrang ist zwar immens, aber die
Ausbildung geeigneter Lehrkräfte gestaltet sich weitaus schwieriger als vermu¬
tet.“2
Die deutsche Sprache in den GUS-Staaten
In dem Riesenreich des größten Teils der ehemaligen Sowjetunion herrscht
heute geistige Desorientierung, wenn nicht Chaos. Ein Kongreß der Akademie
der Erziehungswissenschaften im zurückliegenden Herbst 1994 zum Thema
„Values in education“ hat das ganze Ausmaß der Orientierungslosigkeit großer
Teile der Bevölkerung deutlich gemacht: geistiges Vakuum, ökonomischer Ver¬
fall, Werteverfall, Anwachsen der Korruption und des Drogenhandels, eine un¬
heilige Allianz von Altstalinisten, neuen Nationalisten, Antisemiten und Kir-
chenvertretem gegen Modemisierungsbestrebungen.
Von Deutschland und den westlichen Ländern wird nahezu Übermenschliches
erwartet: wirtschaftliche Stärkung und Vermittlung neuer Werte, Stabilisierung
und Heilswirkung. Was Wunder, daß die Zahl der Deutschlernenden, die mit
etwa 11 Millionen schon in der Sowjetunion gewaltig war, weiter anwächst
(s.u. Abb. I).3
Die Gründe sind vor allem zwei: zum einen gilt das Erlernen der deutschen
Sprache, also der Sprache des mächtigsten Wirtschaftspartners in Europa, als
karrierefördemd; diese Auffassung hat sich seit dem Beitritt Österreichs zur
Europäischen Union noch verstärkt. Zum zweiten aber, und das ist besonders
erfreulich, verbinden heute wieder mehr Russen und andere Bürger der GUS-
Staaten mit der deutschen Sprache einen kulturellen Reichtum, der ihnen viel
bedeutet und der ihnen jahrelang durch ideologische Indoktrination der aus¬
wärtigen Kulturpolitik der DDR verschlossen blieb: Franz Kafka, Rainer Maria
Rilke neben Goethe, Schiller, Herder und den Romantikern. Daneben freilich
Jahrbuch 1992/93. Herausgegeben vom Goethe-Institut zur Pflege der deutschen Sprache
im Ausland und der internationalen Zusammenarbeit e.V., München 1993, S. 130.
Informationen über Deutschunterricht in der GUS. Sekretariat der Ständigen Konferenz
der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland. Pädagogischer Aus¬
tauschdienst. Bonn 1993.
362