genden Jahren waren die Zuwendungen geringer. Die Zeitung, die auch von
Deutschland unterstützt wird, lesen nach polnischen Schätzungen nur 3,5 % der
Minderheit. Brehmers Zeitschrift „Die Hoffnung“ - „Nadzieja“ ist in Kattowitz
noch weniger verbreitet. In Schlesien ist an Kiosken und in Minderheitenbüros
auch die Presse aus Deutschland zu kaufen, darunter auch die „Schlesischen
Nachrichten“, ein Organ der Vertriebenen, das unter Polen keine Sympathie
findet. Die Zeitschrift, gelesen von 1,5 % der Minderheit, fordert unter an¬
derem eine offizielle Anerkennung des Deutschen als Amtssprache in Schlesien
und das Recht der Vertriebenen auf Rückkehr und Rückgabe des einst enteigne -
ten Besitzes.
Die finanzielle Situation der Deutschen in Polen ist nicht schlecht, wenn man
sie mit der ukrainischen oder weißrussischen Minderheit vergleicht. Sicher be¬
klagen sich auch die deutschen Abgeordneten im Sejm wegen der nicht ausrei¬
chenden Finanzierung der Schulen oder der Presse, aber das ändert nichts an
der Tatsache, daß Deutsche in Polen mit der Hilfe aus Deutschland viel mehr
leisten könnten als z.B. die Weißrussen. Die Deutschen in Polen leiden aber
unter der ständigen Abwanderung der jungen und ausgebildeten Leute über die
Oder. Nur so kann man erklären, warum die deutsche Presse in Schlesien so
wenig verbreitet ist, warum die Deutschen in Polen noch kein einziges Buch
veröffentlicht haben, während die Weißrussen auf diesem Gebiet sehr aktiv
sind. Die Weißrussen in Polen haben noch zur Zeit der Kommunisten ohne
Zweifel die nationale und demokratische Bewegung in Weißrußland sehr be¬
einflußt. (Sogar die erste Übersetzung des Ulysses ins Weißrussische wurde
auch in Polen gemacht und veröffentlicht.)
Angesichts dieser Tatsachen wird deutlich, daß ein überwiegender Teil der
deutschen Minderheit in Polen heute vor allem Sprachunterricht auf der
Grundstufe braucht. Erst dann kommen die Informationspresse und kulturelle
Periodika, die heute oft peripher bleiben.
Bei der Zwangspolonisierung der Deutschen (bzw. der Schlesier und Masuren)
hat in den vierziger und fünfziger Jahren auch die polnische katholische Kirche
mitgewirkt. Es geht dabei nicht nur um masurische Protestanten, denen, wie
ukrainischen Orthodoxen, viele kirchliche Gebäude genommen wurden, die bis
heute als katholische Kirchen dienen. Auch die Geistlichen im katholischen
Oberschlesien haben jahrelang jedes Zeichen deutscher Anwesenheit in der Kir¬
che ignoriert oder verboten. Noch im Jahre 1984 äußerte sich der Primas
Glemp gegen eine deutsche Liturgie. Später hat auch er die Deutschen in Polen
zur Kenntnis genommen. Zum Glück für die Deutschen hat Schlesien einen
polnischen Bischof (Alfons Nossol), der selbst zweisprachig ist; sein Bruder
soll sogar einmal die Absicht gehegt haben, in eine Minderheitenorganisation
einzutreten. In Oppeln ist die deutsche Liturgie seit einigen Jahren zugelassen.
In Breslau gab es seit dem Kriegsende jeden Sonntag einen protestantischen
deutschen Gottesdienst (zwar nur in einer Kirche, aber in Breslau wohnen
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