später Georg Wolfram,168 waren es, die eine historische Nationalitätenge¬
schichte, 1^9 ¿je auf der Basis von vorwiegend onomastischen Quellen 160
die Schicksale der Völker auf dem Boden von Eisass und Lothringen161
des Reichslandes zur Ortsnamenforschung“, in: Korrespondenzblatt des Gesamtvereins
der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine 47 (1899), S. 139-144; Ders.: „Orts¬
namenforschung und Wirtschaftsgeschichte“, in: Deutsche Geschichtsblätter 3 (1902), S.
153-166. 209-217; Ders.: „Romanische Bevölkerungsrückstände in deutschen Vogesen-
tälem“, in: Deutsche Erde 6 (1906), S. 8-14. Für den im Grunde konsequent nach Böckh
(s.o. S. 214) verfahrenden Witte sind Ortsnamen - fachmännisch untersucht - Indi¬
katoren der Nationalität, sind Instrumente, um „die Verschiebungen der nationalen
Besitzverhältnisse“ festzustellen (1891, S. 3). Seine rekonstruktiven Arbeiten sind „der
Versuch, die ursprüngliche Nationalität festzustellen“ (1894, S. 116); für ihn ist „alles,
was wir im Mittelalter an Ortsnamen neu entstehen oder sich verändern sehen, ... der
Ausdruck einer vollkommen freien Entwicklung, die Wirkung des ungezügelten Waltens
und freien Gestaltens der nationalen Kräfte und darum für uns eine Quelle von unschätz¬
barem Werte“ (1891, S. 8). Ziel seiner Forschung ist zu rekonstruieren, „auf welcher
Grundlage sich die nationalen Verhältnisse des Eisass zu ihrer heutigen Gestaltung ent¬
wickelt haben, und wie das deutsche Element aus der wechselvollen Geschichte eines
mehr als tausendjährigen Kampfes mit dem Romanentum hervorgegangen ist“. Für seine
Forschungen bedauert er, daß sie „Einbussen des deutschen Besitzstandes festgestellt“
haben „von einer Grösse, die für jeden national empfindenden Deutschen immer noch
schmerzlich genug ist“ (1897, S. 299). Die Hoffnung auf Regermanisierung von dem
Deutschtum verloren gegangenen Gebieten klingt gelegentlich an (1890, S. 305).
158 Wolfram, Georg [Rez.]: „Die fränkischen und allemannischen Siedlungen in Gallien,
besonders in Elsaß-Lothringen“, in: Jahrbuch der Gesellschaft für Lothringische Gej
schichte und Altertumskunde 5, 2 (1893) [erschienen 1895], S. 234f,; Ders.: Die völkische
Eigenart Elsaß-Lothringens, Basel (Verlag Emst Finckh) 1918; Ders.: „Zur Einführung
des Christentums und der Bildung der Archidiakonate in Lothringen“, in: Historische
Aufsätze. FS Aloys Schulte, Düsseldorf 1927, S. 18-29. Gerade im letzten Aufsatz zeigt
sich die nur aus dem Kontext des Nationalitätsdogmas erklärbare Überschätzung der
Sprache als Organisationselement auch im Mittelalter.
169 Vor anderen ist zu lesen: Witte, Hans: „Über die Methode der historischen Natio¬
nalitätenforschung“, in: Deutsche Geschichtsblätter 12 (1910), S. 65-85.
160 Man ¿arf bei <jer Betrachtung der wissenschaftlichen Durchdringung des Reichslandes
mit nationaler Sprach- und Literaturwissenschaft die mannigfaltigen, aber hier nicht darzu¬
stellenden Bemühungen um Sagen, Legenden, Liedgut und Dialekte des Elsaß und
Lothringens nicht vergessen.
161 Die frühen Namenarbeiten sind noch ganz von der Kriegsdiskussion abhängig, wollen
»verdecktes Volkstum* entdecken, so Bossler, Ludwig: „Die Ortsnamen des Kreises
Weißenburg im Elsaß“, in: Zeitschrift für Deutsche Philologie 6 (1875), S. 153—159, hier
S. 153: „Mit vollem rechte findet W. Hertz in den sagen des Eisass < noch urdeutsches
Volkstum >, bei welchem < von Verwälschung nichts zu spüren > ist. Damm geht er in
das reich der sage zurück und zeigt uns, wie sage und geschichte im Eisass in engster
Verbindung stehn, wie < die nationale Eigenart der Elsässer deutsch, kerndeutsch > ist.“
245