Speyer selbst die einheimische Stadtbevölkerung nach wie vor beigabenlos bestat¬
tete. Die ländliche Bevölkerung bildete offenbar kein eigenes, an dem Vorbild der
Franken orientiertes Totenritual aus, d.h. es erfolgte keine Teilassimilation wie in
den gemischt besiedelten Regionen zwischen Rhein und Seine. Dies kann nur mit
einer schnellen und vollständigen Akkulturation an die auf dem flachen Land si¬
cher dominierenden Franken erklärt werden.
4.3 Schlußfolgerungen
Aus der deutlichen Parallelität der Assimilationsvorgänge möchte ich schließen,
daß in beiden Fällen die Akkulturation so schnell vollzogen wurde, weil ein enger
kultureller Kontakt der in Aquitanien hier und da siedelnden Franken zu den
Franken der Kemgebiete nicht aufrecht erhalten werden konnte, bzw. weil die
Romanen der Vorderpfalz auch keine Kontakte zu den jenseits des Pfalzerwaldes
und weiter westlich siedelnden Romanen mehr hatten. Daher darf mit einiger Be¬
rechtigung die These aufgestellt werden, daß fortdauernde Verbindungen des
fränkischen Bevölkerungsanteils nach Osten und entsprechende des romanischen
Anteils nach Westen die ausschlaggebende Rolle spielten und in einem längeren
Prozeß ein kulturelles Übergewicht und gleichzeitig eines der frankophonen Spre¬
cher auf der einen und der germanophonen auf der anderen Seite zu der späteren
Fixierung der Sprachgrenze geführt hat.
Zu der Frage, ob sich dies wenigstens in Ansätzen belegen läßt, seien abschließend
noch einige Beobachtungen vorgetragen.
5. Zur Widerspiegelung von Kulturkontakten im archäologischen Befund
In diesem Zusammenhang ist als erstes nach den Verhältnissen im Saar-Mosel-
Raum selbst zu fragen. Bereits oben war pauschal festgestellt worden, daß sich die
Assimilation des fränkischen Totenrituals an das romanische mit einem zeitlichen
Gefälle von West nach Ost vollzieht. Im Saar-Mosel-Raum liegen nach dem der¬
zeitigen Erkenntnisstand zwischen dem Zeitpunkt der ersten Rezeption dieser Än¬
derungen - im Bereich zwischen Argonnen und Maashöhen zu Beginn des 7. Jahr¬
hunderts - und dem der spätesten - in der östlichen Zone jenseits der Saar und in
Luxemburg bereits nach der Mitte des 7. Jahrhunderts - bis zu 50 Jahre52. Diese
Phänomene dürften eine weitgehende Annäherung der beiden Volksgruppen wi¬
derspiegeln, die unterschiedlich schnell erfolgte. Weiträumig betrachtet vollzog
sich dieser Wandel offensichtlich nicht gemäß einem kontinuierlich in Raum und
Zeit feststellbaren Kulturgefälle von West nach Ost, sondern es haben sich in die¬
ser Hinsicht kulturell einheitliche Bereiche innerhalb des Merowingerreiches aus¬
geprägt, die deutliche Grenzzonen aufzuweisen scheinen. Eine solche Grenzzone
zeichnet sich unmittelbar östlich des Maastals und im Maastal selbst ab.
(1989), S. 124ff., sowie zur Keramik des 5. Jahrhunderts Bernhard, in: Offa 39 (1982), S. 225ff. mit
Abb. 11.
52 Ausführlich dazu Stein, in: ArchaeologiaMosellana 1 (1989), S. 145£; S. 148ff.
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