daß im Saar-Mosel-Raum dieser Prozeß erst im letzten Drittel des 6. Jahrhunderts
nachzuweisen ist.
Mit Ament21 muß mit einem weiteren Akkulturationsprozeß gerechnet werden,
der diesmal die Franken betrifft. Den Merkmalen des gewandelten Totenrituals
nach erfolgt eine Angleichung an das der Romanen als der schon länger
tiefgreifend christianisierten Bevölkerung, d.h. die Ausstattung der verstorbenen
Männer mit vielfältigen Waffen wird aufgegeben, und bei den Frauen wird vor
allem auf das Gehänge als dem vorher charakteristischen Trachtmerkmal
verzichtet. Auch dieser Angleichungsvorgang vollzieht sich nicht gleichzeitig im
gesamten Merowingerreich, was später näher betrachtet werden soll. Hier muß die
Feststellung genügen, daß im Saar-Mosel-Raum ab dem letzten Drittel des 6. bis
um die Mitte des 7. Jahrhunderts die Möglichkeit besteht, Gräber von Franken und
Romanen zu unterscheiden. Für einen solchen - drei bis vier Generationen
umfassenden - Zeitraum sollten sich die beiden Bevölkerungsgruppen auch
tatsächlich nebeneinander nachweisen lassen.
3 Der Untersuchungsraum und die sich derzeit abzeichnenden Verhältnisse
3.1 Der Raum
Wenden wir uns nun dem zweiten Hauptabschnitt zu und fragen nach den Grund¬
zügen des bereits Erkennbaren. Dazu muß der Untersuchungsraum knapp charak¬
terisiert werden: In der Antike und im frühen Mittelalter ist der Saar-Mosel-Raum
kein Grenzraum, sondern ein von der römischen Rhein-Grenze abgerückter
Zentralraum. In der Römerzeit lag sein Zentrum in Trier. In der Merowingerzeit
erlangte Metz als Zentrum eine bedeutendere Rolle, besonders als es zur sedes der
austrasischen Könige wurde. Auch nach den naturräumlichen Gegebenheiten war
dieser Raum eine Einheit. Gegliedert durch die Flußtäler der oberen Maas, der
Mosel und der Saar war er im frühen Mittelalter durch Waldgebirge abgegrenzt,
im Westen durch den Argonner Wald, im Norden durch die Ardennen, Teile der
Eifel und den Hunsrück, im Westen durch den Hochwald, den Pfälzer Wald und
die Vogesen, die auch im Süden den Abschluß bilden. Die unterschiedliche Dichte
der Reihengräberfundstellen spiegelt in erster Linie die unterschiedliche Gunst der
Böden für Ackerbau und Viehzucht wider22. Doch gibt es auch kleinere Regionen,
in denen das Fehlen von Gräbern nicht auf diese Weise erklärt werden kann.
Darauf ist noch zurückzukommen.
3.2 Die Anwendung auf ein Gräberfeld: Lavoye
Aufgrund der in Hauptabschnitt 1 dargelegten Erkenntnisse bereitet es keine
Schwierigkeiten, einzelne, gut datierte Gräber als fränkisch anzusprechen, da das
fränkische Totenritual eine Vielzahl positiver Merkmale aufweist, während dies
bei den römischen Gräbern zumeist unmöglich ist, da deren Totenritual
überwiegend durch negative Merkmale charakterisiert wird und solche Merkmale
21 Ament, in: Bonner Jahrbücher 178 (1978), S. 386ff.
22 Stein, in: ArchaeologiaMosellana 1 (1989), S. 139 Abb. 6.
75