von Pommern für das Zisterzienserkloster Dargun. Die Urkunde ist zwar auf
1174 datiert, dürfte aber erst nach dem 15. August 1176 ausgefertigt worden
sein48. In ihr bestätigte der Herzog Darguner Besitz und notierte recht sorgfältig
dessen Grenzen (termini). Ganz überwiegend geschah dies in eher traditioneller
Art durch Angabe topographischer Daten, teilweise aber auch durch Hinweis auf
gesetzte (künstliche) Grenzzeichen, zwischen denen einmal in Richtung Westen
sogar mit der "Luftlinie" operiert wurde (abinde versus occidentem recta linea
...). In einem weiteren Abschnitt wurde die Grenze schließlich durch eine
besondere fürstliche Markierung gewiesen, d.h. durch eine bestimmte Eiche, die
mit einem Kreuz gezeichnet war, quod signum dicitur Sclavice Knezegraniza. Da
"kneze" als erster Bestandteil dieses Wortes sich auf einen Fürsten (Herrn,
Herzog) bezieht49, bedeutet knezegraniza ein fürstliches Grenzzeichen be¬
ziehungsweise eine entsprechende Markierung, die der Fürst offensichtlich
eigenhändig angebracht hat. Einen nächsten Beleg für "graniza" bietet eine
Urkunde Herzog Kasimirs II. von 1219, der Kasimirs I. erwähnte Grenzurkunde
von 1176 (1174) bestätigte und dabei wortgetreu wiederholte50. Abermals wurde
also in einem lateinischen Urkundentext die zusammengesetzte slawische
Wortform wie selbstverständlich benutzt, allerdings deutlich als slawisch (quod
dicitur Sclavice) hervorgehoben.
Etymologisch läßt sich slaw. graniza auf indogermanisch *ghrö (:*ghre - :*ghrä)
zurückführen, was die Bedeutung von "hervorragen", "spitzsein" hat51. Mhd.
"granne" (Ährenborste, Ährenstachel) dürfte auf denselben Wortstamm zurückge¬
hen, und dem Bulgarischen ist granica auch als eine Art Eiche bekannt, womit
eine schöne Parallele zu den pommerschen Urkunden von 1176 und 1219
gegeben ist, in denen knezegraniza als eine vom Fürsten eigenhändig gekerbte
und mithin markierte Eiche ausdrücklich bezeugt ist. Wie diese Markierungsform
im einzelnen aussah, ist weithin unbekannt, doch muß man annehmen, daß sie
als solche erkennbar und grundsätzlich auch dauerhafter Art gewesen war. Ihr
Charakter als Hoheitszeichen kann nicht zweifelhaft sein, wie es einige, fast
gleichzeitige Zeugnisse ebenfalls nahelegen: So nannte Herzog Kasimir I. in
seiner Urkunde von 1176 für das Zisterzienserkloster Kolbatz Eichen als Grenze,
e quibus aliquas propria manu designavi ad testimonium signi evidentioris52,
und Herzog Wizlaw I. von Rügen, der 1225 dem Ratzeburger Domkapitel das
Dorf Pütznitz schenkte, beschrieb dessen Grenzen (ville termini) sehr sorgfältig
bis zu einem Wäldchen an der Flußkrümmung, ubi manu nostra in arbore
quadam signum crucis secuimus; ab hac arbore terminus erit fagus (eine Buche)
48 Pommersches Urkundenbuch, BA I (786-1253), 2. Aufl., neu bearbeitet von Klaus Conrad
(Köln/Wien 1970), Nr. 62 (Originalüberlieferung). Zur Datierung s. ebd. die Vorbemerkung sowie
Karp (wie Anm. 10), S. 126. - Herrn Ulrich Nieß (Saarbrücken) danke ich für wesentliche Hilfe bei der
Sichtung der Urkunden aus Pommern, Pommerellen und dem Deutschordensbereich.
Karp (wie Anm. 10), S.127.
50 Pommersches Urkundenbuch, Bd. I, Nr. 193 (OriginalüberHeferung).
51 Nachweise bei Karp (wie Anm. 10), S. 147.
5^ Pommersches Urkundenbuch, Bd. I, Nr. 68.
61