Unabhängigkeit einräumten, während die französische Verwaltung zunächst eine
Beschränkung der lokalen Gestaltungsrechte anstrebte, war die staatliche Kommu¬
nalpolitik in beiden Fällen letztlich ein Werkzeug, das dem Ziel der Integration
der eingegliederten Städte untergeordnet blieb.
Schließlich wurde deutlich, daß staatliche Assimilationspolitik und kommunaler
Selbstbehauptungswille sich in hohem Maß wechselseitig bedingten. Die mit den
Grenzverschiebungen drohende ausgedehnte Instrumentalisierung der Städte für
nationale Interessen führte unmittelbar zur Stärkung der Bewegung, die sich um
den Ausbau bzw. die Sicherung der kommunalen Selbstverwaltung bemühte. Diese
Dialektik der Grenzverschiebungen, bei denen die nationalpolitischen Intentionen
der politischen Angliederungen durch die tatsächlich erzeugten lokalen Effekte
weitgehend neutralisiert wurden, konnte dabei nur an einem verfassungs- ge¬
schichtlichen Beispiel skizziert werden. Wirkungsgeschichtliche Forschungen zu
den Folgen von Grenzverschiebungen in anderen Aktionsfeldern und anderen Re¬
gionen müssen erweisen, ob und in welchem Maß dieser Deutungsversuch tragfä¬
hig ist.
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