Full text: Grenzen und Grenzregionen

überwiegt die Betroffenheit der Deutschen bei grenznahen Orten wie Sarre- 
guemines und Foibach. Bei St. Avold ist sie fast identisch mit den Franzosen. Im 
Gruppenvergleich wird deutlich, daß die deutschen Kommilitonen sich insgesamt 
betroffener zeigen als ihre französischen Kollegen und dies sowohl bei saarländi¬ 
schen als auch bei Orten aus der Nachbarregion mit Ausnahme von Metz, Thion- 
ville und eventuell St. Avold, wie der Quotient p/F -1] veranschaulicht. Denkbar 
wäre, daß die dialektophonen (Raum-)Bezeichnungen zwischen der nationalen und 
der ca. 40 km entfernten, parallel verlaufenden Sprachgrenze eine größere emotio¬ 
nale Nähe bei den Saarländern erzeugen als umgekehrt das Saarland für (nicht- 
dialektophone) Franzosen. 
Grenzlage und Einstellung zur Grenze 
Die Befragten wurden gebeten, in die stumme Karte neben den Ortslagen auch den 
Verlauf der deutsch-französischen Staatsgrenze im Untersuchungsraum einzu¬ 
zeichnen (Abb. 11). Schon beim Ausmaß der Bearbeitung dieser Fragestellung 
unterscheiden sich die beiden Teilpopulationen stark: Mit 50,24% nicht bearbeite¬ 
ter Karten liegen die Franzosen mehr als doppelt so hoch wie die Deutschen mit 
21,95%. 
Zu einer relativ sicheren Einschätzung des Grenzverlaufs kommen beide Gruppen 
an den westlichen und östlichen Rändern des Untersuchungsgebietes (Spalten D 
und M); hier ist der Strukturierungsgrad durch die Vorlage am größten. Zu mittle¬ 
ren Schätzwerten gelangen die Befragten auf den Gauflächen zwischen Merzig 
und St. Avold (Spalten E,F,G). Immerhin durchschnittlich 11,56% der Deutschen 
verlängern den Verlauf über die reale Lage nach Westen (Spalten A,B,C) bzw. 
Osten (Spalten N,0). Die Lagekennzeichnung bei den Deutschen zeichnet den 
realen Verlauf bei breiter Streuung relativ gut nach, es besteht insgesamt nur eine 
leichte Tendenz zur Verlaufsverschiebung ins Nachbarland. 
Die bedeutendste Fehlschätzung ergibt sich bei den Franzosen im Bereich 
zwischen Saarlouis und Foibach (Spalten H,I), sowie um Saarbrücken (Spalten 
I,J,K). Es erfolgt tendenziell eine Verschiebung des Grenzverlaufs nach N ins 
Saarland bei gleichzeitiger großer Wertstreuung. Damit erfährt die Staatsgrenze, 
die den nach Süden sich erstreckenden Warndt umfaßt, hier ihre größte Verschie¬ 
bung. Weniger als 10% der Franzosen zeichnen den richtigen Verlauf hier ein ge¬ 
genüber 30-40% der deutschen Befragten. Als Tendenz zeigt sich, daß die Grenze 
in grob nördlicher Richtung ins Nachbarland verschoben und somit das eigene 
Staatsgebiet vergrößert dargestellt wird. Auch liegt der Anteil an Eintragungen, 
die als Staatsgrenze die in der Vorlage vorgegebene Abgrenzung zu Rheinland- 
Pfalz im N wählen, zwischen 10 und 60% (Spalten E bis M, besonders J). Beruht 
diese Einschätzung auf einer tatsächlich vorhandenen, räumlich inkorrekten 
Mental-Map oder wurde die Aufgabenstellung nicht verstanden, so daß die in der 
Legende der Kartenvorlage deutlich als Grenze des Untersuchungsraums gekenn¬ 
zeichnete Linie von den Befragten als Staatsgrenze übernommen wurde? 
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