deutsche Sprachgrenze an der Etsch begründet hat"57. Trotz der zu dieser Zeit en¬
gen antifränkischen Bindungen zwischen Langobarden und Bajuwaren58 hätte ei¬
ne langobardische Niederlage gegen die Franken die Position der Langobarden im
Etschtal nachhaltig geschwächt mit möglichen Konsequenzen für eine weiterge¬
hende bajuwarische Südexpansion in die trentinische Langobardia. Beweisbar ist
dies natürlich nicht; entscheidend bleibt aber allemal, daß auch die langobardisch-
bajuwarischen Auseinandersetzungen in der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts über den
Bozener Raum hinaus zu keiner einschneidenden Veränderung der politisch-ethni¬
schen Strukturen im mittleren Alpenraum zu Lasten der trentinisch-romanischen
Langobardia mehr führten. Die Romanisierung der im Frühmittelalter territorial
also nur wenig beeinträchtigten Langobardia und die wegen des 'Verklammerungs-
effektes' mit dem 'Altsiedelland' völlig entgegengesetzte Entwicklung im nach
Süden nur noch unwesentlich expandierenden bajuwarischen Südteil sind somit
bereits früh grundgelegte siedlungsgeschichtlich für die weitere Entwicklung nicht
zu unterschätzende Ausgangssituationen, sind somit untrennbare Bestandteile der
Geschichte des Landes Tirol, will heißen des "teutschen" Tirol (Südtirol), dem seit
dem ausgehenden 18. Jahrhundert die Bezeichnung das "welsche" Tirol (Trentino)
gegenüberstand. An der Herausbildung der ethnischen, bis heute fortwirkenden
Strukturen im Mittelalpenraum (Abb. 10-11) hatten die unterschiedlichen
Bedingungen für den Fortbestand der Romania in beiden Überschichtungsräumen
also wesentlichen Anteil; der notwendigerweise ausbleibende 'Verklammerungs-
effekt' für die trentinische Langobardia zum Altsiedelland und die nicht flächige
Installierung langobardischer Siedlung schufen für den Fortbestand romanischen
Lebens im Trentino bereits im 6.-8. Jahrhundert günstige Voraussetzungen.
57 Schneider, Entstehung, S. 62; anders: Heuberger, Frankenheere, S. I40f., der zwar die Grundstrukturen
anerkennt (S. 140), die eigentlichen Ursachen, die zur Entwicklung der Sprachgrenze führten, aber
ausschließlich im Hochmittelalter und in der frühen Neuzeit sieht (S. 141).
<0 .
Löhlein, Alpen- und Italienpolitik, S. 70fF. und Heuberger, Frankenheere, S. 141 mit einer in sich
widersprüchlichen Bewertung.
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