des, weil mit der städtischen Bevölkerung Tridenlums zu verbindendes Beispiel ist
der Doss Trento, also das antike Castrum Verrucca: Wegen einer drohenden Inter¬
vention der Franken rät Theoderich der Große den in und um Tridentum-Trient
siedelnden Goten und Romanen, sich vermehrt Häuser auf dem von Natur aus her¬
vorragend geschützten Inselberg gegenüber der römischen Stadt zu bauen17. Sind
diese Castra der Schriftquellen und ihnen vergleichbare, namentlich nicht überlie¬
ferte Höhensiedlungen nun mit der romanischen Bevölkerung zu verbinden, was
jedoch in spezifischen Situationen eine vorübergehende Praesenz von Langobarden
(und Goten) nicht ausschließt18, so ist ihr siedlungstopographischer Kontext erst
recht von Interesse. So liegen die vier Castra in Südtirol, nämlich Tesana (Abb. 3),
Maletum, Sermiana (Abb. 6) und Appianum, aber auch zwei weitere nicht genann¬
te (Siebeneich und Perdonig) einerseits auf engstem Raum, z.T. in Sichtweite bei¬
einander, also viel zu eng, um als eigenständige Wehr- oder Militäranlagen gelten
zu können (Abb. 4). Befinden sich Tesana-Tisens (Abb. 3), Perdonig (Abb. 5) und
Siebeneich direkt an den Rändern der Mittelgebirgsterrassen des Etschtales, also
unmittelbar an der hier zwischen Bozen und Meran verlaufenden Via Claudia Au-
gusta, so fallen andererseits die Rückzugspositionen von Sermiana (Abb. 6) und
Maletum auf: Von diesen Anlagen konnte man zwar diese wichtige Feinstraße von
Verona nach Augsburg einsehen, nicht aber umgekehrt19. Diese Situation mit
noch ausgeprägteren geschützten Rückzugspositionen weitab von der Fern- bzw.
Heerstraße (Via Claudia Augusta) trifft nun auch auf die meisten der anderen von
Paulus genannten Castra zu (Abb. 2), nämlich auf Anagnis im Nonsberg in ge¬
schützter Lage zur Nonsberg-Straße (Abb. 7) und extrem auf die beiden Castra von
Cimbra und Fagitana, die sich wiederum auf engstem Raum beieinander in weit
über 1000 m Höhe abseits des zudem noch unbedeutenden Verkehrsweges im un¬
teren, hier nur 400 m hoch gelegenen Avisio-Tales befinden (Abb. 2)20; ähnliches
gilt schließlich für die Castra von Brentonicum und Vitianum21. Nur Enemase
(Abb. 8-9) und Volaenes liegen unmittelbar an der Via Claudia Augusta22. Ganz
offensichtlich meiden diese Castra und vergleichbare Höhensiedlungen des 5.-778.
Jahrhunderts23 die unmittelbare Nähe zu der strategisch wichtigen Alpen-Nord-
Bierbrauer, Aufsiedlung, S. 33 und Ciglene5ki, Höhensiedlungen, S. 31ff. - Von historischer Seite in
diesem Sinne die in Vergessenheit geratenen Bewertungen bei Hermann Wopfner und Richard
Heuberger (Nachweise bei Bierbrauer, Castra, S. 498 Anm, 18).
17 Bierbrauer, Ostgoten, S. 35; ders., Castra, S. 497; ders., Insediamento, S. 138 mit Abb. 16.
18 Bierbrauer, Invillino I, S. 35f., 333, 337ff. und Anm. 17.
19 Bierbrauer, Aufsiedlung, S. 26fF.
20
Bierbrauer, Insediamento, Karte VI.
21 Ebd., Karten VI und Vili.
22 Ebd., S. 136 und Karten III und IX, ebenso natürlich das mit der Stadt Tridentum zu verbindende
Castrum Verruca: ebd. S. 138 mit Abb. 16 und Bierbrauer, Kontinuität städtischen Lebens, S. 281 ff;
ferner: S. 8.
ria
J Neuerdings gut datierbarer Fundstoff des 778. Jhs. aus Enemase-Caste!fcder, den ich dank der Freund¬
lichkeit von L. Dal Ri (Bozen) einsehen konnte; größtenteils noch unpubliziert; vgl. vorerst: Aquileia
Nostra 57, 1986, S. 849f.
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