Auf der Karte 8, welche den unmittelbaren Raum um Metz näher und detaillierter
ausleuchtet, läßt sich erkennen, daß, abweichend von dem großräumigen Eindruck
der Gemengelage, auch in der Metzer Moselromania - ähnlich wie bei Salzburg -
bereits früh ein lineares Stück Sprachgrenze vorhanden war: es wird gebil¬
det von einem dichten Ring von Siedlungen mit vorromanischen und vorgermani-
schen Namen, der im Innern nahezu völlig frei von germanischen Namenrelikten
bleibt. Es ist jener Bereich, von dem Frauke Stein in ihrem Referat sprach und für
den sie ein resistentes Romanentum, das auch in der Merowingerzeit germanisches
Brauchtum nicht annahm, vermutete.
Nun aber zur linguistisch zu etablierenden Chronologie der Integration romani¬
scher Sprachinseln im Vorfeld der späteren Sprachgrenze: Charakteristisch für die
Metzer (lothringische) und die Trierer Moselromania ist, daß die Toponyme kei¬
nerlei Spuren der frühesten Stufe der althochdeutschen Lautverschiebung, der Ver¬
schiebung von [t] > [ts], zeigen:
23) Tawern, a. 1000 Taberna, a. 1247 Tauerna - vgl. Nr. 19 und im Gegensatz
dazu Zabem (Elsaß) < Tabernas;
24) Mettlach, a. 774/91 Medolaga, a. 884 Medelacha < *Metelläcum (zum Per¬
sonennamen Metellus);
25) +Plenter, Gde. Elvange (Dep. Moselle), a. 1246 Planier < *plantarium
"Rebpflanzung";
26) Tarquimpol (Dep. Moselle), 4. Jh. Decempagi, 8. Jh. Decem pagos, a. 1333
Techempal;
27) Wochem, a. 1084 Wochera < vorrom. *Wokarä (Gewässername);
28) Detzem (bei Trier), a. 897 Decima, ± a.1220 Dezzeme < *ad decimam
[leugam];
29) +Retzig (Lux.), antik Ricciaco, 10. Jh. in pago Ricciaco, a. 938 in pago Ri-
zogohensi ("Ritzigau"); vgl. dagegen Bacharach < *Bacaracum < Bac-
caracum;
30) Jeutz/Yutz (bei Thionville), a. 830 de villa Judicio, a. 1211 Juxe, a. 1432
Juetze < *Judicium;
31) Destrich/Destry (Dep. Moselle), a. 777 Destrago, a. 966 Dextroch <
* Dextracum;
32) Fillen [Nieder-, Ober-] (Dep. Moselle), a. 1282 Vila, 15. Jh. Nyderfyellen <
* Villa ;
33) Fellerich (bei Trier), a. 949 Ualeriacum, a. 1000 Fälsch. 12. Jh. Uelrecke;
34) Flurnamen Wäber, Feber usw., a. 1030 Wavera, a. 1136 Waver < gall.
*Väbero "Sumpfland";
35) Flurnamen Näf, Nöf, Nef, a. 1139 Neuim, a. 1343 Nayve < gall. näva
"Mulde, Bachtal";
36) Kastellaun, a. 1226 de Kestilun;
37) Wadrill, a. 981 Waderola (ursprünglich Gewässername).
Man vergleiche dazu die Bspe. Nr. 23-25, etwa Tawern < Tabernas, im Gegensatz
zu den aus gleichem etymologischem Grunde kommenden Zabem im Elsaß und in
der Pfalz. Die räumliche Verteilung, die Massierung des erhaltenen [t] läßt sich
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