seine Ausschaltung aufrecht zu erhalten; dazu bedurfte es keiner zweiseitigen
Beurkundung, insbesondere wenn man davon auszugehen hat, daß die Trierer die
Urkunde ausstellten. Über die Zollsätze und die Wahrung alten Herkommens
konnten sie freilich nicht selbst entscheiden, sich nur dafür einsetzen. Resultat mag
eben die Festschreibung der Zollsätze für Kölner gewesen sein, wie sie in der
Kaufleute-Inschrift vorgenommen wurde. Die Kölner Beispiele zeigten, daß sich
kaum ein Stadtherr dieser Forderung entziehen konnte, mochte sie auch seinen
finanziellen Interessen teilweise zuwiderlaufen.
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Nur wenige Urkundeninschriften sind so vollständig und lesbar erhalten und mit
urkundlichen Ausfertigungen zu parallelisieren, daß wirklich zuverlässige Angaben
über die Formulargewohnheiten gemacht werden können. Für die Privilegien an
den rheinischen Kaiserdomen konnte vollständiges oder in weiten Teilen identi¬
sches Urkundenformular nachgewiesen werden45. Für fünf ausgewählte weitere
Fälle, in denen Inschrift und Urkundentext überliefert sind, Privaturkunden zumal,
ergab sich ein völlig anderes Bild: Alle betreffenden Inschriften in Würzburg
1211/12, Enkenbach 1266 (Lkrs. Kaiserslautern), Köln 1452, Bödingen 1469/74/79
(Rhein-Sieg-Kreis), Trier (1513) geben den Inhalt des Rechtsgeschäftes im Ver¬
gleich zu den Urkundentexten nur in verkürztem Formular und teilweise auch
inhaltlich reduziert wieder; Beglaubigungsmittel der Urkunde sind gelegentlich
mitgeteilt46 48. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn das Formular der Trierer
Inschrift nur entfernt an Zollrechtsweisungen oder an Privaturkunden jener Zeit
anknüpft. Es sind meistenteils allgemeine Formelteile wiederzuerkennen, wenn
davon die Rede ist, daß Rechte von Personen verletzt wurden(7), daß sie ihre
(angestammten) Rechte behalten - die Zollsätze werden dann definiert -, daß dem
Rechtsminderer das Anathem angedroht wird. Suche und Wiederherstellung alter
Rechtslage ist bei Zollrechtsweisungen offenbar immer nötig gewesen; in mehreren
Fällen wird diese Situation beschrieben, in anderen hinter allgemeinen Formeln
versteckt: Am ausführlichsten im Zollweistum 1103 für Lüttich und Huy wegen der
legalia iura, que sui predecessores tenuerant41, 1149 wegen ius nostri thelonii a
nostris antecessoribus ad nos delatum fuerit4^, 1155 für Kornelimünster gar unter
Berufung auf ein Königszeugnis49 und 1171 für Dinant unter Berufung auf eine
Beurkundung Erzbischof Friedrichs I.50
In den Urkunden der Trierer Erzbischöfe gibt es für das 12. Jahrhundert unzählige
Beispiele für die Androhung des Anathem, darunter nicht wenige, in denen die
Rechtsminderung mit infringere temptaverit oder infringere presumpserit ausge¬
drückt ist; unter vielen anderen kommt der Inschrift ganz nahe die insgesamt
45 Vgl. Müller (wie Anm 3), Nr. 2, 5, 11.
46 MÜLLER (wie Anm. 3), Nr. 24, 30, 45, 56, 70. Vgl. ebd. S. 22 zur grundsätzlichen Parallelität von
Urkunde und Inschrift, die nur in weniger als einem Viertel der behandelten Stücke nachzuweisen
ist.
47 Hansisches Urkundenbuch (wie Anm. 34).
48 Trierer Urkunde wie Anm. 10.
49 L. Korth, Urkunden aus dem Stadtarchiv von Köln, in: Annalen des Hist. Vereins für den
Niederrhein 41 (1884), S. 101-103.
50 Elenchus (wie Anm. 41), Nr. 81; vgl. auch Stbhkämper (wie Anm. 2), S. lllf.
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