Severins-Stift und für die Stadt ein berenger33. Es ist der bisher einzige Beleg mit
großer Namensähnlichkeit zum inschriftlichen LVUICHIN. In der Zeugenliste des
ersten Kölner Zollweistums für Verdun 1103 findet sich ein Ludochinus advoca-
tus34. Alle Namen sind also in Kölner Zeugnissen des 12.Jahrhunderts in überrei¬
chem Maße bezeugt; das mag zunächst eine Datierung verhindern, eröffnet aber
auch neue Möglichkeiten. Obwohl das Material aus St. Columba erst um 1170
einsetzt, kann nach obiger Lesehypothese durchaus eine Frühdatierung angenom¬
men werden, weil die paläographischen Indizien nicht auf das Jahrhundertende
deuten und das Vorhandensein der vier Namen in der Columbapfarrei die
Möglichkeit einschließt, daß sie auch früher dort zu finden waren, wie ja auch das
Namenmaterial der anderen Pfarreien Namenskontinuitäten über längere Zeitab¬
schnitte belegt. Die Redundanz der Kölner Namen macht das Vorkommen des
Namens Lodewich unter den Eidleistenden in der Urkunde von 1149 bedeutungs¬
los; nur die Parallelität mehrerer Namen wäre ein zureichendes Indiz. Umgekehrt
ist aus dem Fehlen der Trierer Namen im Kölner Rechtsgeschäft nicht auf eine
zeitliche Differenz zu schließen.
*
Die Erkenntnis, daß die Zollfixierungen in Trier und Köln, wiewohl verschiedenen
Rechtsvorgängen entstammend, durchaus zeitlich nicht allzu weit von einander
entfernt gelegen haben können, reizt dazu, auf ihre innere Abhängigkeit zu
spekulieren, verpflichtet auch, neu über den Text nachzudenken und Indizien für
eine mögliche gegenseitige Abhängigkeit zu suchen. Schon im voraus wird man
freilich zugeben müssen, daß eine Reihenfolge aufgrund äußerer Kriterien nicht zu
etablieren ist - die früheren Spätdatierungen und die vorsichtige Umdatierung oben
haben gezeigt, auf welch schwankendem Boden man steht. Trotzdem scheint diese
Überlegung nicht aus der Luft gegriffen, da die Urkunde von 1149 auf ein
besonderes Verhältnis der beiden Kaufmannschaften oder Bürgerschaften hinweist:
Nach der Fixierung von Zöllen, deren Rechtswahrung die Kölner mit feierlichem
Siebener-Eid übernehmen, fügen die Trierer als Urkundenaussteller - die Urkunde
beginnt mit Nos Treverenses35 - noch ein ungewöhnliches Städteabkommen an, in
dem sich beide Parteien in die Hand versprechen „ein Volk“ sein zu wollen, ut unus
essemus populus, in dem plena concordia herrsche; die Position der Kaufleute der
Partnerstadt wollen sie jeweils in der eigenen Stadt schützen36. Nur recht und billig
wäre es daher, wenn für die Kölner in Trier wenigstens ansatzweise ähnlich
günstige Bedingungen festgeschrieben worden wären. Die Kölner haben aber über
ähnliche Dinge weder eine Urkunde selbst ausgestellt noch eine mit nach Hause
gebracht. Für die internen Angelegenheiten der Kaufmannschaften reichte auch die
eine aus, da sie ohnehin nur aus feierlichen Absichtserklärungen bestand und für
diese Passage keinerlei Rechtshilfemittel beinhaltete. Hinsichtlich der Zollbestim¬
mungen war man freilich auf die Mitarbeit des Regalinhabers, des Erzbischofs,
33 Quellen zur Geschichte der Stadt Köln I, ed. L. Ennen u. G. Eckertz, Köln 1864, S. 504f. Nr. 43 zu
(1099-1 131). Weitere verstreute Belege für Zeugenschaften bis 1200 umfassen jeweils nur einen der
bekannten Namen, gegebenenfalls sogar nur den eines Klerikers.
34 Vgl. Hansisches Urkundenbuch III, ed. K. Hoehlbaum, Halle 1882/86, Nr. 601.
35 Vgl. oben Anm. 10.
36 Vgl. STEHKÄMPER (wie Anm. 2), S. 130.
61