Full text: Zwischen Saar und Mosel

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Mit die interessanteste Frage und eine solche zumal, für deren Beantwortung die 
Epigraphik gerüstet erscheint, ist die nach der Datierung der Inschrift; diese wird 
kaum zeitlich weit entfernt von der Rechtshandlung entstanden sein. Angesichts des 
fragmentarischen Textes kann eine Datierung nur aufgrund der Monumentalpaläo¬ 
graphie und einer Identifizierung des Kölner Namenmateriales erfolgen, was Müller 
mit einer gewissen Berechtigung zunächst als zu unspezifisch abgelehnt hatte. 
Ernstzunehmende und vor allen Dingen gut begründete Versuche einer Datierung 
sind bisher nicht erfolgt. Kraus gab dem 12. Jahrhundert den Vorzug, schloß aber 
die erste Hälfte des 13. nicht aus. Ähnlich datierte Müller auf 2. Hälfte des 12. bis 
Anfang 13. Jahrhundert19; aus den politischen Umständen favorisierte er die 
Regierungszeiten der Erzbischöfe Johann I. (1189-1212) und Theoderich II. von 
Wied (1212-1242): In der Kölner Abmachung von 1149 sei die Stadt selbständig 
handelnd hervorgetreten, ab 1197 wird aber wieder eine erzbischöfliche Alleinre¬ 
gierung angesetzt, und das sei relevant, falls sich der Erzbischof, wie bei ihm 
angenommen, als Aussteller verifizieren ließe; vor 1197 sei eine Ausstellung durch 
den Erzbischof schwerlich vorstellbar. Obgleich gegen die Müllersche Textrekon¬ 
struktion oben Bedenken vorgebracht wurden, soll die erzbischöfliche Aussteller¬ 
schaft nicht angezweifelt werden, da nur in diesem Falle die Androhung des 
Anathems am Ende der Inschrift zu verstehen ist20; Währschaften von städtischer 
Seite bedienten sich notwendigerweise anderer Instrumente21. Der Spätdatierung ist 
freilich entgegenzuhalten, daß auch zu Zeiten stärkerer Rivalität zwischen Stadt 
und Erzbischof eine Zollgarantie für Kölner Kaufleute durch den Erzbischof nicht 
ausgeschlossen erscheint. Man darf den Sonderfall der Kölner Verhandlungen 
1149, wo sich die Kölner Kaufmannschaft zum Garanten der Zollsätze gegenüber 
den Trierer Standesgenossen aufschwang, nicht ohne weiteres übertragen; sie tat es 
schließlich mit Zustimmung und vor dem erzbischöflichen Gericht, nur die 
Rechtssicherung, die Währschaft geschah in einem Akt bürgerlicher Rechtsgenos¬ 
senschaft der beiden Städte, durch Siebener-Eid, Bezeugung und Einung22. Der 
Vorbehalt gegenüber einer Spätdatierung wird umso größer, je mehr und je 
intensiver man die Paläographie des zugegeben schwer beschädigten Textes 
betrachtet. Nur ein Vergleich zu gut datierten Trierer Inschriften des 12. Jahrhun¬ 
derts kann hier weiterführen. Eingeschränkt wird seine Aussagekraft durch die 
Oberflächenverwitterung, der einige relevante Merkmale der Majuskel-Buchstaben 
zum Opfer fielen. Der schon ursprünglich nicht sehr gleichmäßigen Schrift, die 
auch in der Zeilenhöhe beträchtlich schwankt und zum Ende zu in der Höhe 
abnimmt, fehlen heute Serifen und dünne Zierstriche als Beurteilungskriterien. Für 
die Datierung und ihre Sicherheit höchst wichtige Beobachtungen an der Morpho¬ 
19 Vgl. MÜLLER (wie Anm. 3), Nr. 20, auch mit weiterer Literatur, die sich mehr oder weniger an 
Kraus orientierte. 
20 Vgl. aber Kölner Gegenbeispiele bei MÜLLER (wie Anm. 3), Nr. 6, 13, 14: Fluchformeln bei 
Laienstiftern; die Inschriften jeweils an Kirchen in Stommeln und Köln, St. Columba, haben die 
Fluchformel nach MÜLLER, S. 29 Anm. 41 nicht aus Urkundenvorlagen, die freilich gar nicht bekannt 
sind; die Trierer Androhung des Anathems ist jedoch sehr formelhaft und gleicht, wenn auch in 
verkürzter Form, eindeutig dem Kanzleigebaren des Erzstiftes, vgl. unten S. 63f. 
21 Vgl. Stehkämper (wie Anm. 2), S. 122ff. 
22 Stehkämper (wie Anm. 2), S. 127ff. 
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