Es blieb aber für P. nicht bei Beängstigungen, die ihm aus seinem persönlich
vertrauensvollen Verhältnis zu seinem Patron, dem Herzog, erwachsen konnten.
Eines Abends kam eine Deputation von Bauern zu P. ins Pfarrhaus und verlangte
von ihm die Unterschrift unter eine Adresse, worin er sich für den Anschluß
Schleswigs und insbesondere Alsens an Dänemark erklären sollte. P. verweigerte
die Unterschrift teils, weil er, wie er offen erklärte, eine andere politische
Überzeugung habe, teils weil sein Amt ihm jede politische Parteinahme verbiete.
Die Bauern bedauerten das, verließen das Pfarrhaus aber, ohne den Pfarrer weiter
zu bedrängen. Bald darauf erschien eine zweite Gruppe, bestehend aus 16
Gemeindemitgliedern, mit dem gleichen Ansinnen. Abermals konnte sich P. in
Güte mit ihnen verständigen, und sie sprachen sogar offen aus, daß sie ihn trotzdem
als Pfarrer zu behalten wünschten, weil er ungeachtet seiner von der ihrigen
abweichenden politischen Überzeugung sein Amt als Prediger rein im Geiste des
Evangelismus verwaltet habe. Obwohl allerlei böse Äußerungen über den Herzog
fielen, für dessen Vertrauten man P. hielt, wurde man nicht handgreiflich gegen den
Pastor. Aber P. fühlte wohl, daß bei zunehmender politischer Unruhe in der
Gemeinde seine geistliche Wirksamkeit in ihr fast unmöglich wurde. Die dänische
Partei duldete je länger je weniger diese religiöse, evangelische Neutralität, da die
dänischen Pastoren sich nur als Parteigänger der Eiderdänen gebrauchen ließen.In
allen äußerlichen Dingen unterwarf sich P. faktisch den neuen Machthabern. Er
beteiligte sich an der geforderten freiwilligen Kriegssteuer, er schickte seinen
Knecht mit Pferd und Wagen zu den Schanzarbeiten an den Düppeler Höhen, so
schwer ihm diese Mitwirkung für die Sache der Gegner auch wurde und so weit er
es mit seinem Gewissen eben noch vereinbaren zu können glaubte, um sich einen
Freiraum für sein Amt des Friedens zu bewahren.
Am 2.4.1848 war der letzte Sonntag gekommen, an dem P. sein Amt in seiner
Gemeinde ausüben sollte. Vor voller Kirche predigte er und schloß die Predigt mit
einem aufrichtigen Gebet für den König, um den Frieden und um den Sieg
derjenigen Sache, die Gott für die gerechte erkannt haben werde. Aber die
politische Stimmung in der Gemeinde ließ keinen Sinn für diesen Geist des
Friedens aufkommen, in dem P. zu wirken suchte. Man schickte eine Deputation an
den Bischof von Alsen, den Dänen J. Hansen, um die Entlassung P.’s zu erwirken.
Dieser Vorstoß fand zunächst kein Gehör. Wenige Tage darauf aber verlangte der
Bischof von P. in einem Brief, wie er schrieb, im Aufträge des Kommandanten der
Insel in Sonderburg, des Kriegskommissars Riegels, über seine politische Stellung
eine Erklärung. Nach einer persönlichen Aussprache bat P., wenn die Geistlichen
zur Mitwirkung an politischen Veranstaltungen, Demonstrationen oder Feiern von
Siegesfesten gefordert würden, ihn lieber zu suspendieren, da er die Selbstverleug¬
nung nicht so weit treiben könne, „über die Leichen seiner Brüder und Gesinnungs¬
genossen ein Te Deum zu singen.16“ Der Bischof zeigte sich durchaus wohlwollend
und versprach, P. mit allen politischen Akten zu verschonen und sein Gewissen
nicht zu beschweren.
Indessen war der König selbst (Friedrich VII. 1848-1869) auf Alsen erschienen,und
bei ihm wurde eine Suspension Petersens und seines jüngeren Kollegen H.P.
16 Petersen, (wie Anm. 4) 199.
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