die Beziehungen zu den Verwandten in Abentheuer und Sötern, wo sich das
Familiengrab befand, eifrig pflegte88.
Soweit ihm Beruf, Familie und Astronomie Zeit ließen, betätigte sich Lichtenberger
spätestens ab 1847 im Gemeinde- und Bürgermeistereirat, erfüllte als Honorations-
person seine Schöffenpflicht beim Landgericht Saarbrücken und war von 1848 bis
1858, zu 25 Silbergroschen Klassensteuer veranlagt, der einzige Wahlmann der
Ersten Klasse in der Stumm-Enklave Niederneunkirchen für die Wahlen zum
Landtag und zum Herrenhaus, von Bürgermeister Bartz in einer vertraulichen Liste
vom September 1855 als conservativ geführt89. Sicher gehörte er auch dem 1847
von Hütten- und Bergbeamten begründeten und von Schmelzermeister Herrmann
ökonomisch betreuten Hüttenkasino an, ohne jedoch aktiv zu werden90. Abends und
nachts hatte er, wie noch darzulegen ist, meist Besseres zu tun.
Die Nachfolge des Praktikers Kromayer trat am 1. Dezember 1842 der württember-
gische Bergrat, zuletzt als Fürstenbergischer Oberhüttenverwalter tätige Dr.phil.
Ferdinand Steinbeis an, nachdem er in monatelangem Verhandlungspoker ein Paket
von Konditionen durchgesetzt hatte91. Dies waren u. a. Anstellung auf Lebenszeit,
technische und kaufmännische Direktion des Eisenwerkes und seiner Erzgruben,
Fortbildungsreisen auf Werkskosten, Anschaffung einer Fachbücherei, ein Jahres¬
gehalt von 2 400,- Talern nebst freier Wohnung, Heizung, Garten- und Feldnutzun¬
gen, Gestellung einer Kutsche samt Kutscher und zwei Pferden, Absicherung seiner
Pensionsansprüche, unmittelbare Unterordnung nur unter den Firmenchef.
Zu Steinbeis und seinen sechs Neunkircher Jahren sei hier auf die Biographie von
Siebertz verwiesen, dessen Ausführungen allerdings mehrerer Korrekturen bedür¬
fen92. So wurde das erste Schienenwalzwerk Deutschlands nicht in Neunkirchen
1845 von Steibeis errichtet, sondern bereits 1835 von Remy auf dem Rasselnstein,
woher die Schienen für die erste deutsche Eisenbahn Nürnberg-Fürth kamen93.
Auch Steinbeis’ Konzept zur sozialen Fürsorge für die Werksbelegschaft war an der
Saar nichts Brandneues. Die am 12. Dezember 1828 von den Stumms mitunter¬
schriebene Dillinger Arbeitsordnung (réglement pour les contremaîtres, chefs
88 In Sötern lebten Lichtenbergers 1859 verstorbene Mutter u. sein Bruder Joh. Phil. Daniel (vgl. Anm.
52). Der am 18. Sept. 1857 in Neunkirchen verstorbene Zwilling Karl Georg Christoph wurde in
Sötern, vermutlich im Grab der Großmutter, beerdigt. Das Ehepaar Barthe wohnte in Abentheuer,
zuletzt in Sötern.
89 StadtA Neunk. Nr. 21, Personalia, 1820-1878, Nr. 5, Wahlen, 1848-1885, S. 215-221, Gemeinde¬
ratsprotokolle, Saarbr. Anzeiger v. 8. Sept. 1846.
90 Zum Hüttenkasino vgl. LHA Kobl. Best. 442, Nr. 7835 S. 1-5.
91 Dazu u. zum Folgenden vgl. SIEBERTZ (wie Anm. 10), S. 99 ff., der die im Febr. 1842 angelaufenen
Verhandlungen nach ausgewähltem Material aus dem Steinbeis-Nachlaß darstellt. - Die Beziehungen
Stumm - Steinbeis liefen wohl über den Bendorfer Hüttenbesitzer Karl Lossen (1793-1861), der 1818
in Geislautern (vgl. Anm. 18) dem Hüttenschreiber Albert Stengel (1783-1850), Enkel des
Saarbrücker Hofbaumeister F. J. Stengel, nachfolgen sollte, jedoch zur väterlichen Hütte ging, der
gute Beziehungen zu den schwäbischen Werken hatte u. im März 1842 auf d. Bonner Konferenz d.
rheinischen Hüttenherren mit C. Stumm zusammentraf (vgl. R. STAHLSCHMIDT (Hg.), Carl Maximi¬
lian Lossen - Geschichte meines Lebens, Düsseldorf 1988, S. 14, 36, 39 f., 49 ff.; Siebertz, wie
Anm. 10, S. 71, 96, 126).
92 Siebertz benutzt für Neunkirchen nur die in Anm. 5 genannte Literatur.
93 Beck (wie Anm. 76), Bd. 4, S. 711, 713.
328