Schiedsgericht (<arbitres de famille)5 anrufen, wie es die Gerichtsordnung für
Streitigkeiten zwischen Eheleuten vorgesehen hatte. Das Schiedsgericht hatte zu
entscheiden; gegen seinen Spruch war die Appellation an das Distrikts tribunal
möglich, das innerhalb eines Monats in einem summarischen Verfahren zu urteilen
hatte.
In den Jahren bis 1798 wurden diese Gesetze verschiedentlich ergänzt. Die
wichtigsten Veränderungen betrafen die beteiligten Staatsorgane: Die Geschäfte des
Zivilstandsbeamten wurden der veränderten Verwaltungsstruktur angepaßt, insbe¬
sondere wurden durch Gesetz vom 19. Vendémiaire IV (11. Oktober 1795) bei
Gemeinden unter 5000 Einwohner der Munizipal-Agent und seine Adjunkte mit
dieser Aufgabe betraut; bei größeren Gemeinden hatte die Munizipalität eines ihrer
Glieder zu diesem Amt zu bestellen. Im Bereich des Scheidungsverfahrens trat das
Zivilgericht an die Stelle des Distriktgerichts und der ordentliche Richter an die
Stelle des Familiengerichts.
Zu weiterreichenden Novellen kam es erst unter der Regierung des Konsulats.
Zunächst begnügte man sich mit einer Neuordnung der Kompetenz, die durch die
Einführung der Mairie als Grundlage der Kommunalverfassung erforderlich wurde:
Seit 1800 sind der Maire bzw. sein Adjunct oder eine vom Maire eigens bestellte
Person für das Zivilstandswesen zuständig6.
Eine breitere Revision der einschlägigen Bestimmungen brachte erst der Code
Civil, dessen den Zivilstand und das Eherecht betreffende Bestimmungen schon im
März 1803 an die Stelle der beiden Gesetze von 1792 traten7. Sieht man auf den
Inhalt, so fallen erhebliche Differenzen ins Auge: die Regeln über den Zivilstand
und über die Zivilstandsregister wurden weitgehend in die neue Kodifikation
übernommen, die Vorschriften über Eheschluß und Ehescheidung indes wurden
tiefgreifend umgestaltet. Das großzügige revolutionäre Reglement der Eheschei¬
dung wurde beseitigt; die Scheidungsgründe wurden stark reduziert; das Verfahren
wurde endgültig vor das Gericht erster Instanz gezogen, dessen Scheidungsurteil
nur auf Klage ergehen konnte.
II.
Das revolutionäre Recht vor dem Code Civil, das manchmal etwas abschätzig so
genannte droit intermédiaire, galt für wenige Jahre auch in den von Frankreich
besetzten linksrheinischen Territorien Deutschlands. Im Jahre 1789, nachdem
5 Das Familienschiedsgericht wird von Garaud/Szramkiewicz, Révolution et Famille (Fn. 1), S. 73 f.
mit der „Versammlung“ (assemblée de parents ou d’amis) der anderen Verfahrensweisen unter dem
Oberbegriff tribunal de famille zusammengefaßt; ebenda nähere Hinweise zur Entstehung und
Funktionsweise.
6 Gesetz vom 28. Pluviôse VIII (17. Februar 1800); Beschlüsse vom 19. Floréal VIII (9. Mai 1800) und
vom 9. Mess VIII (28. Juni 1800).
7 Es traten folgende Teile des Livre premier (des Personnes) in Kraft: Titre II (des actes de l’état civil)
am 11./21. III 1803; Titre V (du mariage) am I7./27. III. 1803; Titre VI (du divorce) am 21./31. III.
1803.
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