Sainct Ligier auf dem Westufer der Maas steht für St. Léger, eine Exklave der
lothringischen Herrschaft Le Chastelet, nordöstlich von Neufchäteau.
Commercy, Hauptort der alten Grafschaft Commercy, gehörte zum Teil der
französischen Krone, zum Teil den Nachkommen des Grafenhauses Saarbrücken-
Commercy.
Auffällig ist die nachträgliche Beifügung von Detail-Angaben zu der Einsenkung in
der Argonnenzeichnung. Hierzu sagt der Bericht von Konritz, wie auch der Auszug
bei Viglius, daß im Waldgebiet der Argonnen dort vor Zeiten Grenzsteine
gestanden hätten. Auf den Grenzübergang weist auch die Erhebung von Ausgangs¬
abgaben auf französischer Seite hin. Die zunächst schwer verständlichen Angaben
bei Konritz dürften auf Berichte zurückgehen, die dieser von der bischöflichen
Verwaltung in Toul erhalten hatte. Toul hatte 1535 in einem Prozeß vor dem
Parlament in Paris seine Ansprüche auf die Herrschaft Void an der Maas zu
verteidigen. Konritz bemühte sich bei seiner Reise zunächst vergeblich, vom
Domkapitel unterrichtet zu werden. Erst nachträglich, nachdem er den Bericht
schon ausgefertigt hatte, wurde ihm noch bekannt, was der Vertreter von Toul vor
dem Parlament in Paris in seinem Plädoyer 1535 hierzu ausgeführt hatte. Longu-
eval, Vertreter des Domkapitels, hatte den Verlauf der Grenze der Champagne in
den Argonnen bekräftigt: Et au dict lieu de Vaudivière y avait anciennement une
borne d’arain, ou est a present un lieu appellé Yssue du royaume, ou se prennent
les fermes des haultx-passaiges41. Die nachträgliche Unterrichtung von Konritz, die
auch in einer Randnotiz zu der Abschrift bei Viglius vermerkt ist, erklärt wohl die
nachträgliche Einfügung dieser als Beweis für den Verlauf der Grenze in den
Argonnen wichtigen Details.
Bei aller Unvollkommenheit bleibt die Kartenskizze von Konritz ein gutes Beispiel
für die Probleme, die die territorialen Auseinandersetzungen in dem mehrschichti¬
gen System des Lehnsrechts gerade im deutsch-französischen Grenzraum schufen.
Man greift zwar zur Verdeutlichung zu dem Mittel der kartographischen Darstel¬
lung, zieht als Beweismaterial nur die - meist mündliche - Überlieferung, da
Traditionswissen, ja auch das Gedächtnis älterer Zeitgenossen heran. Rechtstitel
werden durch die Beibringung von Urkunden und Chroniken belegt. Die Landes¬
vermessung steht vor der Gemengelage der territorialen Zersplitterung in diesem
Raum vor beinahe unlösbaren Aufgaben, wie wenig später auch Gerhard Mercator
im angrenzenden Herzogtum Lothringen erfahren sollte42. Umso bedauerlicher ist
der Verlust des kartographischen Materials, das Viglius in seiner Sammlung auch
für die Westgrenze des Reichs zusammengetragen hatte.
41 Rigault (wie Anm. 38), S. 85.
42 F. Hellwig (wie Anm. 2), S. 820. F. FIellwig, La carte de Lorraine [de Mercator], in: M. Watelet
(wie Anm. 20), S. 297-315.
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