von Viglius aufgebauten Handarchivs bildeten. Papiere, die in Verbindung mit den
vielgestaltigen Verhandlungen von Viglius angefallen sind, stehen neben älteren
und jüngeren Vertragstexten, Lehensurkunden, Ortsverzeichnissen, Rechtsverord¬
nungen, Verhandlungsberichten u. a. m. Manche Stücke sind offenbar auch nur als
Formulare oder Muster für vorkommende Falle, wie Verleihung von Privilegien
oder Ernennungen der Sammlung eingefügt worden. Die Sammlung ist, möglicher¬
weise noch zu Viglius’ Lebzeit, in 22 Bänden eingeordnet worden. Titelbeschrif¬
tung und Paginierung könnten von einem Schreiber des Viglius stammen. Alle
Bände wurden allerdings von einem späteren Erwerber der Sammlung einheitlich
neu gebunden, von dem Reichsfreiherrn Joachim Heinrich von Bülow.
Bülow (1650-1721) war Braunschweigisch-Lüneburgischer und Britischer
Geheimrat, Kammerpräsident und Oberhofmarschall, seit 1705 Reichsfreiherr. Wie
die Sammlung über einen der Neffen von Viglius an ihn gelangte, ist unbekannt.
Bülow hatte eine umfangreiche Bibliothek, vor allem mit Geschichtswerken,
zusammengebracht, die in Celle und Hannover untergebracht war. Bedeutende
Teile davon, so die Manuscripta Zuichemiana gelangten später in die Universitäts-
bliothek von Göttingen. Die Anordnung des sehr heterogenen Materials ist nicht
nach einheitlichen Sachbezügen, auch nicht chronologisch erfolgt. Geschlossenen
Komplexen wie den Friedensverhandlungen zwischen Philipp II. und Frankreich
bis zum Frieden von Cateau Cambresis (1559) oder einzelnen Münzrechtsfragen
stehen Sammelbände wie Varia collectanea rerum Germanicarum gegenüber. Den
verschiedenen Aufträgen von Viglius entsprechend sind die Bände zu den Territo¬
rial- und Grenzfragen im Westen besonders reich an Material für die Niederlande,
Burgund, Luxemburg und die angrenzenden deutschen Territorien. Es überrascht,
daß gerade für diese Grenzfragen die Sammlung keine Karten enthält. Aus der
Arbeitsweise von Viglius darf geschlossen werden, daß hier auch kartographische
Unterlagen vorhanden waren. Es scheint aber, daß Viglius das Kartenmaterial
getrennt von dem Aktenarchiv in seiner Karten Sammlung aufbewahrte. Einiges
wäre hinter den oben angeführten anonymen Blättern zu vermuten.
Das einzige Kartenblatt, das sich in der Göttinger Viglius-Sammlung befindet, ist
eine schematische Darstellung der Mosel bei Rernich27. Das Blatt mißt ca. 21x31
cm, hat keine Überschrift, nur auf der Rückseite ist von zeitgenössischer Hand,
vermutlich von einem Schreiber bei Viglius, vermerkt: Dr. Keck touchant Thorn.
Auf Maßstäblichkeit und Orientierung wird verzichtet. Der Zweck der Skizze war
offensichtlich nicht die Wiedergabe des Flußlaufs, sondern die Verdeutlichung der
Lage von Schloß Thorn auf dem rechten Moselufer im Verhältnis zu Rernich auf
dem linken Ufer. Die Sorgfalt, mit der das Stadtbild von Rernich wie die Bauten
von Schloß Thorn gegeben werden, überrascht. Der aus Trier stammende Jurist Dr.
Johannes Keck (geb. um 1504) hatte im Dienst der Habsburger einen bemerkens¬
werten Aufstieg genommen28. Er wurde 1530 Mitglied des Provinzialrates von
Luxemburg, fungierte mehrere Jahre als dessen Vizepräsident, mit der Vertretung
des Präsidenten beauftragt, bis er 1566 auch formell der Präsident wurde. Er hatte
27 Ebenda, Bd. 8, fol. 457.
28 M. Bourguignon, Jean Keck, in: Biographie Nationale du pays de Luxembourg, 19. faso.,
Luxembourg 1971, S. 7-15.
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