wird, 4. ein Paar betender Hände, deren Fingerspitzen abgebrochen sind. Alle
Stücke weisen starke Abstoßungen auf, haben aber noch Spuren älterer Bemalung,
am deutlichsten an den Pupillen erkennbar. Der am besten erhaltene Torso des
bärtigen Königs hält in seiner rechten Hand ein zylindrisches Gefäß, vermutlich den
Behälter für Myrrhe. Seine Rechte umschließt den Gefäßboden, dessen oberer Rand
abgestoßen ist. Man erkennt die Spuren des ebenfalls abgebrochenen linken Arms,
der über die Brust nach rechts griff, vermutlich um entweder den Deckel seines
Gefäßes zu lüften oder - wie oft dargestellt - mit seinem ausgestreckten Finger
zum Stern von Betlehem zu zeigen.
Der König trägt über seiner Gewandung einen glockenförmigen Umhang, der
ziemlich straff über die Schultern gezogen und in Ellenbogenhöhe mit Zobel¬
schwänzen am Saum geschmückt ist. Dieses zum Herrscherornat gehörende
Bekleidungsstück erinnert an die entsprechenden Umhänge mit Zobelbesatz an
Prager Parierstatuen, z.B. beim Heiligen Veit und beim thronenden Kaiser Karl IV.
(hier bereichert um Pelz-Schindeln) am Altstädter Brückenturm (Abb. 14). Dort
sitzen die Umhänge nur noch praller um die Oberkörper. Hervorzuheben ist
besonders das parlerische Gesicht des Metzer Königs: längsovaler Zuschnitt mit
gewölbten Stirn- und Wangenflächen und mit leicht vorquellenden Augen. Der
Typus mit dem Oberlippen- und Kinnbart entspricht den Bildnissen des Kaisers
und es sei daran erinnert, daß sich Karl IV. gelegentlich in der Rolle eines der
Heiligen Drei Könige darstellen ließ13. Man könnte sogar die hypothetische Frage
stellen, ob, wenn es zuträfe, im älteren Heiligen König das „verborgene“ Bild des
Kaisers zu erkennen, es nicht schlüssig wäre, im Kopf des jungen Königs (analog
zu vielen Illustrationen in der Buchmalerei Pariser und Prager Provenienz) ein
Bildnis seines Sohnes, des Kronprinzen und späteren Königs Wenzel, zu sehen?
Ein Blick auf die berühmte Votivtafel des Johann Ocko von Vlasim, des Prager
Erzbischofs, die nach 1370 gemalt wurde (Prag, Nationalgalerie) kann die These
untermauern: dort (Abb. 15) kniet der Kaiser zu Füßen der Muttergottes, assistiert
von seinem Sohn auf der anderen Seite Mariens. Die Zeit Karls IV. kannte noch
immer sogenannte Typen-Bildnisse, echte Individualporträts kommen erst etwas
später auf. Immerhin sind die Bildnisse des französischen Königspaars Charles V.
und Jeanne de Bourbon vom Westportal der Pariser Coelestinerkirche (im Louvre)
bereits um 1370 stark individualisiert, desgleichen die des burgundischen Herzogs¬
paars von Claus Sluter am Portal der Kartausenkapelle in Champmol bei Dijon (um
1390). Im Bereich der Pari er-Skulptur finden sich zwar auch bemerkenswerte
Ansätze zur Porträtplastik (vgl. die Triforienbüsten im Prager Dom! Abb. 16), aber
sie bleiben doch noch im Rahmen der traditionellen Typusdarstellung. Sie stehen
auf der Schwelle zum Übergang ins Zeitalter des Individualbildnisses. Unter
diesem Aspekt gewinnt die Hypothese an Wahrscheinlichkeit, in den beiden
Königsköpfen der Metzer fragmentarischen Anbetungsgruppe Typenbildnisse Karls
IV. und seines Sohnes Wenzel „in der Assistenz“ zu erkennen.
13 vgl. Anm. 3: Karl IV. als Staatsmann ... München 1978, Kapitel: Privatfrömmigkeit und Staatsfröm¬
migkeit, von Franz Machilek. Dort weitere Hinweise in den Anmerkungen auf: Kubatowa 1953, S.
210 ff.; Wannetsberger 1967, S. 83 u. 89 ff.; Kery 1972, S. 158.
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