Aus den das Ganze einfassenden Gewändestäben wuchsen ohne Unterbrechung
durch Kapitelle oder Kämpfer ein hoher mittlerer Wimperg mit großem Dreipaß-
Blendmaßwerk und flankierenden Fialen (diese mit Kämpfergesimsen). Alle drei
Spitzen krönten Kreuzblumen, ln den Zwickeln des Wimpergs bildeten Kreise
Rahmen für zwei Wappenschilde mit stehenden Löwen (?) und in der Spitze, im
größeren Kreis befand sich das Lamm Gottes mit der Auferstehungsfahne. Die
Wimpergschrägen waren mit kräftigen Krabben besetzt. Die Wimpergspitze wurde
hinterfangen von einer weiteren Blendarkatur mit Dreipäßen. Darüber schloß ein
Zinnenkranz, in dessen Zwischenräumen Halbfiguren kleiner Engel angeordnet
waren, Sinnbild des Himmlischen Jerusalem. Vor den Arkaden waren seitlich
nochmals zwei schrägliegende Wappenschilde mit stehenden Löwen angeordnet,
gekrönt mit Helmen und geflügelter Helmzier. Die Beschreibung mag so unzuläng¬
lich sein wie die alte Abbildung, beweist aber, daß es sich um ein reicheres
Wandgrab des späten 14. Jahrhunderts mit einigem skulpturalem und dekorativem
sowie heraldischem Aufwand handelte. Die Fischblasen (Schneuß) zwischen den
Kreisen des Maßwerks im Wimperg deuten zwar auf eine späte Ausführung, aber
solche Formen treten auch schon an den parlerischen Bauteilen des Prager Doms
und anderwärts um 1370 auf. Die uns allein überkommene, beschädigte Liegefigur
des Bischofs läßt sich sehr gut mit den Eigenarten der Parlerskulptur verbinden
(Abb. 6-7). Da ist zunächst das pralle Volumen von Kopfkissen, Kopf und Büste,
sodann die volle Eiform des Gesichts mit den gespannten Fächen von Stirn und
Wangen; die vollen Lippen und die leicht vortretenden Augäpfel mit den halbge¬
schlossenen Lidern, die entfernt an die Augen- und Lidbildung bei Peter Parlers
Selbstbildnisbüste im Domtriforium zu Prag erinnern (Abb. 8). Vergleischsmög-
lichkeiten bieten auch die Bischofsbüsten im Triforium (Abb. 9-10). Den gedrun¬
genen Löwen, leider geköpft in Metz, kann man mit dem des Gisant von Ottokar I.
im Prager Domchor vergleichen.
Wenn man das Grabmal des Bayer von Boppard und die Zölestinerkirche in Metz,
die er 1374 weihte, als „parlerisch“ definiert, so stellt sich der Kirchenfürst als die
Schlüsselfigur der Parierströmung in Metz heraus, Bekanntlich war er seit minde¬
stens 1355 am Hof des Kaisers in Prag tätig, kannte also die künstlerischen
Unternehmungen des Monarchen und sicherlich auch den leitenden Architekten
und Bildhauer Peter Parier und seinen Kreis. 1359 wurde er Bischof in Worms und
sechs Jahre später als Vertrauter des Kaisers Bischof in Metz. Vielleicht besteht die
Möglichkeit, diese wenigen Daten zum Hintergrund der Parler-Strömung in Metz
durch eine Prüfung der Urkunden zur ergänzen.
Bei Grabmälern gibt es oft die allgemeine Datierungsfrage: sind sie schon zu
Lebzeiten des später Verstorbenen ausgeführt worden oder erst nach dessen Tode.
Beides ist möglich. Stilistisch läßt sich das Grabmal des Bischofs jedenfalls ohne
Schwierigkeiten in die Zeit zwischen 1370 und 1385 einordnen. Da man keine
unmittelbare Übereinstimmung mit den Reliefs der Schlußsteine aus der Coelesti-
nerkirche feststellen kann, trotz Zugehörigkeit zur bekanntlich breitgefächerten
Parler-Kunst, so muß mit unterschiedlichen Kräften und Werkstätten dieser
Strömung in Metz gerechnet werden.
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