einzigartige Situation über dem Fluß erkannt, d. h. aber auch seines Erziehers
Delbrück Urteil bestätigt, daß sich in ihm „eine unter den Hohenzollern bisher nicht
bemerkbare, fast geniale Begabung für den Baukörper in der Landschaft entfalte¬
te“.
Friedrich Wilhelm muß das Kasteler Landschaftserlebnis unmittelbar mit der
Mettlacher Überraschung verknüpft haben, wenngleich der präzise chronologische
Ablauf schwer zu ermitteln ist3. Spätestens als das Klausengeschenk perfekt war,
erging an den Mettlacher Fabrikanten die höfliche Anfrage, ob er ihm den Sarg
Johanns des Blinden, des Böhmenkönigs, überlasse. Der Weg für dessen würdige
Grablege war geebnet.
Der aus Trier erbetene Entwurf für die Neugestaltung der Klause ging im April
1834 an den Kronprinzen, der offenbar kaum zufrieden war und sich schon früh mit
Schinkel beraten haben dürfte. Jedenfalls wurde im April 1835 der Bauauftrag nach
Schinkels Plan erteilt, und im Juli erfolgte der Baubeginn. Am 26. August 1838
schließlich wurde das Bauwerk eingeweiht am Tage der Schlacht von Crecy 13464.
Nicht belegt, wohl aber durchaus naheliegend ist die Annahme, daß in der Baufrage
schon lange Kontakt mit Schinkel bestanden hatte, der seinerseits bereits am 23.
April 1826 die „Eremitenklausenruine von Castel“ bei einer seiner Deutschlandrei¬
sen besucht hatte und wohl auch des Kronprinzen Abstecher sieben Jahre später
angeregt haben könnte. Ist damit aber schon hinreichend erklärt, weshalb die
Klause bei Kastei nach Schinkels Entwurf gestaltet wurde?
*
Karl Friedrich Schinkel, am 13. März 1781 in Neuruppin geboren, seit 1794 in
Berlin lebend und dort am 9. Oktober 1841 gestorben, „gilt als der bedeutendste
deutsche Baumeister des 19. Jahrhunderts“5, dessen künstlerische Wirksamkeit sich
vor allem in Berlin entfaltete, die aber auch weit über dessen Grenzen und gar die
Preußens und Deutschlands hinausreichte. Zu seinen Hauptwerken gehören die
reifsten Ausprägungen der deutschen Klassik. Was aber bewog den Kronprinzen,
diesem Manne die Planung für das Grabmal eines mittelalterlichen Monarchen
anzuvertrauen, dessen „heroischer Todesritt“ auf dem Schlachtfeld von Crecy eher
als Ausdruck „einer romantischen Idee“ zu werten und architektonisch in adäquater
Weise zu würdigen war6? Schinkel scheint jedenfalls des Bauherren Anliegen
sofort begriffen zu haben, und da er bisher ausschließlich „romantische“ Aquarell¬
skizzen und Gemälde, sogar in beachtlich großer Zahl, gefertigt hatte7, mag es ihn
sogar gereizt haben, mit der Königsgrablege über der Saar selbst einmal eine der
Romantik verpflichtete Bauvorstellung zu realisieren. Eine besondere Herausforde¬
rung für den Architekten mußte überdies die landschaftliche Exponiertheit der
3 Hier und im folgenden Eva BrÜES (wie Anm. 1), dort auch weitere Literaturhinweise.
4 Mario Zadow, Karl Friedrich Schinkel, Berlin 1980, S. 233.
5 ZADOW, S. 5; vgl. Paul Ortwin Rave. Karl Friedrich Schinkel. Bearbeitet von Eva Börsch-Supan,
München 1981.
6 Emil WERUNSKY, Geschichte Kaiser Karls IV. und seinerzeit, Bd. 2,1, Innsbruck 1892, ND 1961, S.
70.
7 S. z. B. Zadow (wie Anm. 4) und: Karl Friedrich Schinkel. Architektur - Malerei - Kunstgewerbe
(Katalog der Ausstellung in der Orangerie des Schlosses Charlottenburg), Berlin 1981.
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