min der Hauptgedenkfeier fest, da er "als ständiger Feiertag und in der Mitte der Ge¬
denktage gelegen, am geeignetsten erscheint".32 Der Kriegerverein hatte zuvor be¬
schlossen, einen Jahresbericht über die Schmückung der Kriegergräber zu verfassen,
um so dafür "Sorge zu tragen, daß auch den fernsten deutschen Kameraden das Werk
der Liebe und Achtung vor unseren Helden von 1870-71 bis ins Kleinste bekannt
wird."33 Doch bis Ende der 1880er Jahre konkurrierten beide lokalen Vereine um
die Gunst der stetig anwachsenden altdeutschen Bevölkerung, deren Gefühl, nun in
einer deutschen Stadt zu leben, erst um 1890 stark genug war, um auf eine einheit¬
liche nationale deutsche Gedenkfeier hinzuwirken.
Kriegerdenkmäler und Gedenkfeiern der frankophonen Minderheit
Für die alteingesessene frankophone Bevölkerung war die Gedenkmesse am 7. Sep¬
tember bis zur Einweihung des französischen Denkmals bei Noisseville 1908 die ein¬
zige Möglichkeit, auf annektiertem Gebiet profranzösische Gemeinschaft zu erleben.
Auf französischem Boden wurde, nur wenige Kilometer von Metz entfernt, jedes Jahr
seit der Enthüllung des Nationaldenkmals 1875, in Mars-la-Tour in großem Rahmen
und unter Zustrom der annektierten Bevölkerung eine nationale Gedenkfeier abge¬
halten, Pendant zur großen deutschen Erinnerungsfeier. Weitere Möglichkeiten für
die annektierte Bevölkerung waren später Ausflüge in das nahe Frankreich am 13.
und 14. Juli, um dort den Nationalfeiertag zu erleben.34
Eine wichtige Funktion innerhalb des französischen Erinnerungskultes auf nationaler
Ebene übernahm neben lokalen Einzelinitiativen der "Souvenir Français". Im Klima
des neuerwachenden französischen Nationalismus wurde er Ende 1887 in Paris auf
Initiative des emigrierten Elsässers Xavier Niessen als "Société nationale pour l’édifi¬
cation et l’entretien des tombes des militaires et marins français morts pour la patrie"
gegründet,35 er blieb jedoch bis 1907 eine auf Frankreich begrenzte Organisation.
Gleiches gilt für die im Jahre 1888 gegründete "Association des combattants de Gra¬
velotte et de l’armée du Rhin". Ihr erklärtes Ziel war, "de perpétuer dans les familles
les traditions de dévouement et de sacrifice à la Patrie".36 Als Erinnerungstag wurde
der 16. August, der Tag der Schlacht von Gravelotte - Mars-la-Tour, gefeiert. Mars-
la-Tour entwickelte sich sehr schnell zur national-religiösen Wallfahrtsstätte der
französischen Nation. Kriegerdenkmäler, Gedenkkirche, Kriegsmuseum, die 1906
32 Metzer Zeitung v. 8. Aug. 1888. Inwieweit es sich um eine explizit politisch-ideologische
Terminwahl handelt, konnte an Hand der Quellen nicht belegt werden.
33 Metzer Zeitung v. 12. Aug. 1887.
34 Roth (Anm. 9), S. 426.
35 Jean-Pierre Jean, Le Livre d’Or du Souvenir Français. Lorraine - Alsace - Luxembourg -
Lorraine sarroise, Metz 1929, deuxième partie, S. 9f.
36 François-Yves Le Moigne, Les francs-tireurs de Metz et la société des vétérans de 1870, in:
Annuaire de la Société d’histoire et d’archéologie de la Lorraine 88 (1974), S. 57-87, hier
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