Full text: Stadtentwicklung im deutsch-französisch-luxemburgischen Grenzraum

arbeit, ist die starke Beteiligung deutscher Unternehmen an der Ausführung techni¬ 
scher Gemeindeprojekte: 1883 beauftragt die Gemeindeverwaltung den Ingenieur 
Koelvel aus Zweibrücken mit der Schaffung eines modernen Wasserversorgungs¬ 
systems, das ab 1885 funktioniert.6 1889 geht die Genehmigung zur Errichtung eines 
Gaswerks an einen Herrn Franke aus Bremen. 1906 erwirbt die Thüringer Gasgesell¬ 
schaft dieses Unternehmen.7 1910 beauftragt die Gemeinde die deutsche Firma 
Städtereinigung und Ingenieurbau (Wiesbaden) mit dem definitiven Ausbau des Ka¬ 
nalsystems; derselben Firma wird etwas später die Ausarbeitung eines Stadterweite¬ 
rungsplans anvertraut.8 
Das Bevölkerungswachstum, das in Esch durch den großen Arbeitskräftebedarf 
bedingt ist, bringt eine akute Wohnungsnot mit sich. Die zugezogenen Arbeiter kom¬ 
men z.T. als Kostgänger bei Familien unter; verschiedene Industriebetriebe bauen 
Barackenhäuser auf dem Grubengelände.9 Die Gesellschaft Metz & Cie läßt die 
Wirtschaftsgebäude ihres Schlosses als Wohnräume herrichten. Diese sogenannte 
"Metze Kasäre" beherbergt 1871 115 Grubenarbeiter.10 1873 baut die "Société des 
Mines et Forges de Sarrebruck" in der Nähe ihrer Grube "Hoehl" (rue des Mineurs) 
eine Gruppe von acht Doppelhäusern, die den Namen "Saarbrécker Kasäre"11 (Saar¬ 
brücker Kaserne) erhalten, obwohl es sich hier nicht um Kasernenbauten, also um 
Massenwohnhäuser handelt (Abb. 2). 1894 wird eine weitere kleine Gruppe von 
Doppelhäusern in der rue Katzenberg errichtet. Die erste größere Arbeitersiedlung 
mit 70 Wohnungen wird 1901 (rue des Mines) und 1904 (rue Renaudin) von der 
Gesellschaft Aachener-Hütten-Aktien-Verein errichtet (Abb. 3). Sie besteht aus ge¬ 
radlinig aufgereihten traufständigen Doppelhäusern. Es sind schiefergedeckte Putz¬ 
bauten mit Satteldach. Einziger Schmuck ist die Backsteinfassung der Fenster und 
Türen. Die Häuser haben einen hinteren Anbau mit Waschküche und Abort. Die 
Anbauten werden auch als Stall für Kleinvieh genutzt. Seitlich im Anbau befindet sich 
der Hauseingang. Die Küche ist gegenüber der kleineren Stube als Wohnküche 
ausgewiesen. Die Häuser haben Gärten und kleine Vorgärten. Sie entsprechen dem 
bürgerlichen Ideal vom Arbeiterwohnhaus als isoliertes Einzel- oder Doppelhaus im 
Gegensatz zum Mehrfamilienhaus oder zur "Kaserne", im Sinne einer Förderung der 
Kleinfamilie und der moralischen Erziehung der Arbeiter. Die Siedlung besticht durch 
ihre regelmäßige Anlage, verbreitet jedoch gleichzeitig eine gewisse Eintönigkeit 
6 La Ville d’Esch de 1839 à 1939 - Centenaire de l’Indépendance, Esch-Alzette 1940, Le 
service des travaux d’Esch-sur-Alzette, S. 54. 
7 Ebd., Usine à Gaz Esch-sur-Alzette, S. 142. 
8 Ebd., Le plan, l’extension urbaine et l’organisation foncière de la ville d’Esch-sur-Alzette, S. 
59. 
9 Sylvie Kremer-Schmit, L’industrie du Fer à Esch-sur-Alzette et ses effets pendant la période 
de 1845 à 1870, in: Galerie, Revue Culturelle et Pédagogique 4(1986) No 4, S. 540. 
10 Ebd. 
11 Jean-Luc Mousset, L’Industrialisation du Luxembourg de 1800 à 1914, Musée d’Histoire et 
d’Art, Guide du Visiteur, Luxembourg 1988, S. 135. 
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