Full text: Stadtentwicklung im deutsch-französisch-luxemburgischen Grenzraum

1901, kurz nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches, sein kommunalpoliti¬ 
scher Lehrmeister und Förderer Back angestellt hatte. 
Als praktisch denkender, erfahrener Jurist hatte Back nämlich bei der Kontrolle von 
Grundstücksgeschäften der städtischen Civil-Hospizien sehr schnell gelernt, kurz- wie 
langfristige wirtschaftliche Wirkungen für alle Beteiligten zu betrachten.53 Zwar 
mußte ein Erbbaurechtsnehmer damit rechnen, nach Auslaufen seines Erbbaurechts 
das von ihm errichtete Gebäude entschädigungslos an den Grundstückseigentümer ab¬ 
zugeben; dafür hatte er aber auch nicht die Zinslast einer Hypothek zur Deckung des 
vollen Grundstückspreises zu tragen (normal war damals ein Zins von etwa 5 %), son¬ 
dern nur einen jährlichen Erbbauzins (damals in Höhe von etwa 2,5 % des Grund¬ 
stückswerts). Back erkannte klar, daß das Erbbaurecht "nicht von sich aus günstiger" 
sei; genauer, "je geringer der Bodenwerth im Verhältnis ist zum Baukapital, um so un¬ 
günstiger ist das für den Erbbauberechtigten" - ganz anders, als in der damaligen so¬ 
zialpolitischen Diskussion dargestellt, sei das Erbbaurecht also gerade für billige Ar¬ 
beiterhäuser draußen in den Vorstädten gar nicht so sehr empfehlenswert. 
Back betrachtete dann das neue Instrument des Erbbaurechts auch von der anderen 
Seite, aus der Sicht des Grundstücksbesitzers und zog daraus die entscheidende, von 
der Stadt Straßburg beim "Großen Durchbruch" unter Schwander verwirklichte Fol¬ 
gerung: Im Vergleich mit dem Verkauf von Grundstücken und der verzinslichen Wie¬ 
deranlage des Kaufpreises (von ihm unausgesprochen zu den damals üblichen 4 % 
angenommen) führe ein niedrigerer jährlicher Erbbauzins von 2,5 % zwar zunächst 
zu einem jährlichen Einnahmeverlust in Höhe von 1,5 % des Bodenwertes, aber 
langfristig stehe dem nicht nur der Wert der Gebäude bei der Rückgabe des Grund¬ 
stücks nach Auslaufen des Erbbaurechts, sondern auch der vollständig erhalten 
gebliebene Grundstückswert gegenüber. Gerade in den Großstädten würden die 
Grundstückswerte aber stetig steigen - dieser auf Grund der bis nach der Jahrhundert¬ 
wende beobachteten Bodenpreisentwicklung als sicher erwartete Gewinn, der "ohne 
Zuthun des Einzelnen, nur durch die Weiterentwicklung der Volkswirtschaft" entstehe, 
sollte, so Backs bodenpolitisches Credo, "wann immer möglich, der Allgemeinheit, und 
nicht dem Einzelnen erhalten bleiben. Das ist möglich überall da, wo eine öffentliche 
Verwaltung über Bauterrains verfügt, indem sie diese Terrains nicht veräußert, 
sondern im Erbbaurecht gibt." 
Damit dieses Ziel erreicht wurde, mußten beim "Großen Durchbruch" erstmals auch 
Grundstücksnutzer und Investoren das Erbbaurecht in größerem Umfange für City- 
Lagen akzeptieren: die Grundstücke waren in der Tat 1912 schon zur Hälfte und 1913 
zu mehr als 80 % weitergegeben, und - für manche überraschend - alle im Erbbau¬ 
recht. Für die Straßburger Bauherren war dabei entscheidend, daß bei der neuen 
Eigentumsform ihr Kreditbedarf erheblich niedriger lag als beim traditionellen 
Kauf.54 Dieser Erfolg ging allerdings auch auf die aktive Förderung durch die Stadt 
Straßburg zurück, die bereit war, Verzinsungs- und Tilgungsgarantien für die Bau- 
53 Diese Überlegungen Backs in AMS-AM, Div. I, 208/1584. 
54 Fix (Anm. 42), S. 23. 
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