2. Morf hat aber recht, wenn er die alten Diözesangrenzen als Konstanten ansieht,
die auf die römischen Civitates, ja sogar bis auf ethnische gemes-Gliederungen der
vorrömischen Zeit zurückgehen.
3. Dialektgrenzen, die auf Diözesangrenzen zurückgehen, gibt es: die Diözese Metz
ist aber gerade ein Gegenbeispiel dazu, das zeigt, daß kirchliche Raumgliederung
und sprachliche Differenzierungen nicht zusammenfallen müssen. Dagegen
beweist das Bistum Chur, daß politische und kirchliche Umorientierungen (von
Mailand nach Mainz), begünstigt durch die geographische Randlage, sehr wohl
ihre Bedeutung haben für die Konstituierung von Sprachräumen, z. B. des Rätoro¬
manischen. Ähnliches gilt für das Patriarchat Aquileia, dessen sprachliche Randla¬
ge und kirchliche Einheit zur Herausbildung der friulanischen Sprache beigetragen
hat.
4. Kirchenpatrozinien können mit der Diözesangliederung in Zusammenhang stehen,
vor allem, wenn es sich um bekannte Lokalheilige handelt wie Vedastus oder Luci¬
us und Florinus in Graubünden.
5. Wörter der Kirchensprache, vor allem Bezeichnungen christlicher Feste wie Weih¬
nachten (calendas), Dreikönigstag (epiphania, theophania, tredecimas), Mariä
Lichtmess (candelas, candelarum), Palmsonntag (Palmas), Pfingsten (quinquagesi¬
ma), Himmelfahrt (ascensia), liefern eindeutige Beispiele, die einen unbestreitba¬
ren Zusammenhang nachweisen lassen zwischen der geolinguistischen Verbreitung
einer Festbezeichnung und der kirchlichen Raumstruktur.
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