Kurz darauf begann der katholische Gottesdienst. Der neue katholische Pfarrer, der
nicht weiß, zu welchem Bistum er gehört, sagt aus, daß die Kirche bis jetzt im Eigen¬
tum der Protestanten war. Ihm fehlen für die Messe die notwendigsten Gerätschaf¬
ten: kein Ornat, kein Tabernakel, kein Ciborium, keine Monstranz, kein Meßbuch,
keine Servietten. Es ist auch kein Taufstein da. Die Hostien bewahrt er in einer
silbernen Kapsel auf, die er an ein Holzkreuzchen gehängt hat. Eine bischöfliche
Ernennungsurkunde kann er nicht vorweisen. Er hat nur eine Erlaubnis des Inten¬
danten de la Goupilliere aus Homburg. Wie auch sonst im Westrich: Rekatholisie-
rung als Unternehmen der Krone Frankreichs. Überall entstehen Königspfarreien.
Bis zum Ende der Bourbonen hat Frankreich hier die Pfarrgehälter gezahlt, ln Wies-
bach aber entstand keine Königspfarrei. Bis in die Revolution wurde der Pfarrdienst
hier durch Mönche des Homburger Franziskanerklosters versehen*.
In den Lambsborner Kirchenakten heißt es 1697: In Wiesbach ist ein Pfarrgut, Äcker
und Wiesen, davon die welschen katholischen neuen Leute einen Teil, der katholi¬
sche Pastor daselbst das Übrige genießt. Die Reformierten haben also ihr sämtliches
Pfarrgut verloren. Dies ging nicht friedlich ab: am 14. August 1698 ergriffen die
Katholiken mit „rigoros angemaßter Gewalt“ von dem neben der Kirche stehenden
Wiesbacher reformierten Schulhaus Besitz und setzten einen Homburger Pater hin¬
ein9.
Die Wiesbacher Kirche wird Zug um Zug mit dem Nötigsten ausgestattet: an die Stel¬
le des eingestürzten mittelalterlichen Turmes tritt ein kleiner hölzerner Dachreiter
auf dem Chorbogen. 1718 lassen sich die Reformierten eine Glocke gießen, 1723 lie¬
fert Blasius Sattler aus Landau den Katholiken eine Glocke. Zu ihrer Einweihung
kam Pfalzgraf Gustav Samuel persönlich nach Wiesbach. In ihm, dem Konvertiten,
haben wir den Beschützer und Förderer des römisch-katholischen Kirchenwesens,
nachdem die Franzosen das Zweibrücker Land hatten räumen müssen. Deutlich geht
dies aus seiner Verordnung vom 23. Mai 1719 hervor:10
Ob wir schon gerne sehen mögen, dass zu besserer vnterhalt vnd Stiftung guter harmo-
nie vnd verstandniss zwischen vnseren getreuen vnterthanen hiesigen herzogthums
ohne vnterschied der religion, das simultaneum exercitium der katholischen religion an
den orthen, wo selbige kleine absonderliche kirchen oder ihren ordentlichen gottes-
dienst nicht hergebracht haben, auf die von vns gegebene gnedigste Versicherung,
durchgehends eingefuhret werde, alldieweilen aber solcher aus üblem begrief des
gemeinen Volkes noch zur zeit nicht bewerkstelliget werden können, indessen aber
vnsere katholische geistlichen vnd vnterthanen sich höchlich beschwehren, dass sie
auch an denjenigen orthen, wo sie vermog des Rysswickischen friedensschlusses zu
“ Die Pater kamen samstags nachmittags zu Fuß aus Homburg, hörten Beichte, übernachteten
in einer Stube des Pfarrhauses und gingen sonntags nachmittags wieder zurück nach Hom-
burg.
9 Zum Homburger Kloster s. Bernhard H.Bonkhoff, Die Kirchen im Saar-Pfalz-Kreis, Saar¬
brücken 1987. S. 146-149.
10 Franz Xaver Remling, Urkundenbuch zur Geschichte der Bischöfe zu Speyer, 2 Bde.,
Mainz 1852/53, Bd. 2, S. 705 ff.
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