Erstaunlicherweise hat die Refomrichtung von Springiersbach81, die auf Merzig, viel¬
leicht auch Wadgassen am Südrande der Trierer Diözese, also im Grenzraum zu
Metz, einwirkte und in die Diözesen Köln, Lüttich, Mainz, Worms, Salzburg, wahr¬
scheinlich auch Halberstadt ausstrahlte, keine erkennbaren Einflüsse in der Metzer
Diözese gezeigt. Auch die von dem elsässischen Marbach82 ausgehenden Reformen
wurden hier nicht aufgenommen.
Im 12. und 13. Jahrhundert entstehen aber neue Kollegiatstifte auf Initiative der Met¬
zer Bischöfe oder durch ihre Mitwirkung. Dabei sind zwei Gruppen zu unterscheiden,
einmal die Neugründungen in der Diözesanhauptstadt, dann in den Titelorten der
Archidiakonate.
Die Neugründungen in der Stadt Metz
An der Gründung eines kleinen Stiftes in unmittelbarer Nähe der Kathedrale, näm¬
lich des Marienstiftes, ist Bischof Stephan unmittelbar beteiligt. Im Jahre 1130
bestimmt er in Übereinstimmung mit dem Primicerius und dem Kustos des Domkapi¬
tels sechs Kanoniker zum Dienst an der heruntergekommenen Marienkapelle und
sorgt für eine angemessene Dotierung83. Die Form des bald in Angriff genommenen
Kirchenbaues trug dem Kapitel den Beinamen Sancta Maria Rotunda/Notre Dame la
Ronde ein84.
Die Anstöße zur Gründung von St. Theobald gingen nicht direkt vom Bischof aus.
Einige Kleriker baten die Äbtissin des Klosters St. Glossindis um die Überlassung
der außerhalb der Metzer Stadtmauern gelegenen Kapelle St. Maria-St. Theobald als
Mittelpunkt eines gemeinsamen Lebens. Äbtissin und Konvent entsprachen diesem
Wunsche unter der Voraussetzung, daß die Wahl des Propstes der Zustimmung der
Äbtissin von St. Glossindis bedürfe und er von ihr die Investitur zu empfangen habe.
Bischof Stephan billigte dieses Statut im Jahre 1 16385. Bischof Bertram beschränkte
die Zahl der Kleriker auf sechzehn86.
Die Existenz eines gelegentlich in der Literatur genannten Kapitels St. Paul87 ist zu
verneinen. Den Chordienst in der am Domkreuzgang liegenden Kirche St. Paul88 ver¬
81 Wolfgang Peters, Springiersbach und die Anfänge des Prämonstratenserstiftes Wadgassen,
in: Jb. f. westdt. Landesgesch. 7,1981, S. 1-16, dort weiterführende Literaturangaben.
82 J. Siegwart, Die Consuetudines des Augustinerchorherrenstiftes Marbach im Elsaß (12.
Jh.), Freiburg/Schweiz 1965 (= Spicilegium Friburgense 10).
83 Pa risse (wie Anm. 71) S. 65 ff. Nr. 29.
84 Reichsland Elsaß-Lothringen Bd. 3 S. 663.
85 Pa risse (wie Anm. 71) S. 239 ff. Nr. 107. .. . proinde karissimi in Christo filii, qui in ecclesia
sancte Dei genitricis Marie sanctique Theobaldi, que extra muros civitatis nostre sita est, sub
titulo canonice professionis divino vacare servicio nostris temporibus pie incepistis...
86 Ebenda S. 265 f. Nr. 125.
87 z. B. Grimme im Register zu den Metzer Bannrollen des Dreizehnten Jahrhunderts, 3. Teil,
Metz 1912 S. 561 „S. Pol, Stiftskirche innerhalb des Domklosters“, zum hohen Alter der Kir¬
che - nicht des Stiftes - St. Paul vgl. G a u t h i e r (wie Anm. 22) S. 44 f.
88 Dorvaux (wie Anm. 9) S. XIII.
124