über die einer Pfarrkirche hinausgehen. Ich sehe darin eine archäologische Stütze für
das Bestehen einer Klerikergemeinschaft in St. Arnual in karolingischer Zeit. Für ein
hohes Alter des Stiftes St. Arnual spricht auch die Tatsache seiner Exemtion von der
Zuständigkeit des Archidiakons von Saarburg und des Archipresbyters. Erstmals
belegt wird dies 1252 durch die Beurkundung, daß die Kapelle in Thedingen Öl und
Chrisma nicht von dem zuständigen Archipresbyter, sondern vom Dekan des Stiftes
St. Arnual zu beziehen habe, er und nicht der Archipresbyter das Sendgericht halte
und ihm das cathedraticum zu entrichten sei29. Ich sehe auch in der 1372 erstmals
bezeugten Benennung als secunda sedes der Metzer Bischöfe, von der ausdrücklich
gesagt wird, daß sie in alte Zeiten zurückgehe30, eine Bestätigung für das hohe Alter
und den besonderen Rang des Stiftes St. Arnual. Secunda sedes könnte bedeuten, daß
St. Arnual nach dem Domkapitel das älteste Stift der Diözese war und seit dem
frühen 7. Jahrhundert ein Bischofsgrab besaß31, nämlich das des Arnualdus.
Weitere Quellen des 14. und 15. Jahrhunderts belegen, daß die dem Stift St. Arnual
gehörenden und von ihm zu versorgenden sogenannten Stiftsgemeinden einen Klein-
archidiakonat bildeten. Im Bereich des Bistums Trier konnte Ferdinand Pauly32 für
die Stiftskirchen Münstermaifeld, Karden. St. Castor und St. Florin in Koblenz und
Boppard und die von ihnen versorgten Pfarrkirchen die Exemtion von der Jurisdikti¬
on des Archidiakons aufzeigen. Sie beruht nach seiner Ansicht auf einer Delegation
von Rechten des Bischofs an die Pröpste der Kollegiatstifte.
Über die Anfänge eines weiteren Stiftes auf dem flachen Lande sind wir dank einer
günstigen urkundlichen Überlieferung besser unterrichtet. Bischof Adventius (858 -
875) wurde durch die bei einer Visitationsreise in den nordöstlichen Teil seiner Diö¬
zese angetroffenen Mißstände veranlaßt, auf Bischofsgut im Bliestal in der Nähe der
heutigen Stadt Ottweiler eine cella, in der Kanoniker leben sollten, zu gründen, ließ
einen Kirchenbau errichten, weihte ihn der hl. Dreifaltigkeit, ließ die Gebeine eines
seiner Vorgänger, des als heilig verehrten Terentius, dorthin überführen und stattete
das so gegründete Stift mit Grundbesitz im Bliesgau und im Wormsgau und einer
Kirche in der unmittelbaren Nachbarschaft aus. Wir besitzen zwar nicht die Grün¬
dungsurkunde des Bischofs Adventius, sondern nur die Bestätigung durch König
Ludwig den Deutschen vom Jahre 87133, aus der sich ein Terminus ante quem für die
29 August Hermann Jungk, Regesten zur Geschichte der ehern, nassau-saarbrückischen Lande
(bis zum Jahre 1381), Saarbrücken 1914/1919 Reg. Nr. 377 (= Mitt. d. Hist. Ver. f. d. Saarge¬
gend Heft 13 u. 14).
30 Petens propterea et maxime cum predicta ecclesia dicatur initialiter esse secunda sedes episco-
patus Metensis, gedruckt bei Johann Martin Kremer, Genealogische Gesch. d. alten Arden-
nischen Geschlechtes Bd. 2: Codex diplom. 1785, S. 531 Nr. 249 und bei J. P. Kirch , La collé¬
giale de Saint Arnoual, Nancy - Paris - Strasbourg 1929 S. 199f.
31 Argumente für seine Bestattung in St. Arnual bei Herrmann -Nolte (wie Anm. 26). Bei
keiner der zahlreichen Grablegen, die bei den Ausgrabungen zwischen 1982 und 1989 aufge¬
deckt wurden, ergaben sich Hinweise auf eine mögliche Identifizierung der Gebeine des
Bischofs Arnualdus.
32 Ferdinand Pauly, Kleinarchidiakonate und exemte kirchliche Jurisdiktionsbezirke im alten
Erzbistum Trier, in: Rhein. Vierteljahresbll. 24, 1959, S. 157-194; Joseph Weier, Exemte
Jurisdiktionsbezirke im Archidiakonat Dietkirchen, in: Arch. f. mrh. Kirchengesch. 21, 1969
S. 35-58.
33 MGH DD ex stirpe Karolinorum Bd. 1,2. Aufl. 1956 S. 192f. Nr. 138.
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