rat. - Einiges läßt sich dennoch, vor allem im Hinblick auf die katholischen
Gemeinden sagen. Da es damals noch keine zentral erhobene Kirchensteuer gab, und
die Bistumsverwaltungen, auch der jeweilige „Bischöfliche Stuhl“ ausgesprochen arm
(!) waren, blieb die Finanzierung im wesentlichen an den Kirchengemeinden selbst
hängen.
KIRCHENBAUTEN im Saarland 1870-1918
In den früheren Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts gab es noch die (Mit-)Finanzierung
des Kirchbaues durch die Zivilgemeinden. Nun aber mußten die im Vergleich zu
heutigen Bauten und der heutigen Finanzkraft der Bürger sehr hohen Summen durch
Umlagen auf die einzelnen Familien, durch Spenden und mitunter auch großzügige
Spenden besorgt werden. Auch konnten Grundstücksverkäufe mithelfen. Hand- und
Spanndienste auf freiwilliger Basis kamen dazu. Außerdem gab es die Möglichkeit,
mit kirchlicher und staatlicher Erlaubnis Kollektenreisen zu organisieren, wobei die
Kollektanten weit über Land gingen. Hin und wieder halfen der Bischof und der
Kaiser aus ihren Dispositionsfonds.
Mit der Frage nach der Architektenwahl berühren wir schon ein Thema, das im
eigentlichen Sinne kunsthistorische Erkenntnisse befördern kann. Auch auf diesem
Gebiet fehlen uns noch zusammenfassende Erkenntnisse, die statistisch dargestellt und
kunsthistorisch ausgewertet werden müssen. Aus dem vorliegenden Material läßt sich
aber schon sagen, daß die planenden Architekten sowohl solche waren, die aus dem
eigenen Lande kamen, als auch solche, die von auswärts berufen wurden. Unter der
autochthonen Architektur soll hier - stellvertretend für viele andere - Wilhelm
Hector genannt werden, der die meisten und z. T. auch respektabelsten Bauten
errichtete.
Wenn es um die Wahl auswärtiger Architekten ging, spielten neben Renommee und
persönlichen Bekanntschaften mitunter auch (quasi-)politische Gründe eine Rolle,
wenn man z. B. an die Rolle der bayerischen Verwaltung oder des „Bayerischen“
überhaupt im ehemals pfälzischen Teil des Saarlandes denkt; an die Rolle Preußens,
wenn man die damals nicht sehr großen Einflußmöglichkeiten der Bistumsleitungen in
Speyer und Trier beachtet, oder auch die Möglichkeiten des Herrn von Stumm in
Betracht zieht. - In diesem Zusammenhang des Kirchbaues ist auch die Bedeutung
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