Da die Verbindung von Metz über Teterchen nach dem Rhein um 20 km kürzer als
die Linie über Diedenhofen war, ergaben sich bemerkenswerte Vorteile bei den
Frachtkosten für die Kohlentransporte aus dem Saarrevier einmal nach Metz, sodann
zu den Eisenhütten an der Mosel sowie im übrigen lothringischen Raum. Durch die
Erztransporte von Metz bzw. aus Lothringen nach dem Saargebiet, darüber hinaus
aber auch in das rheinisch-westfälische Industrierevier, gleichzeitig durch die Stein¬
kohlentransporte von der Saar sowie von Rhein und Ruhr nach Lothringen, konnte
auf ein bedeutendes Frachtaufkommen für die Strecke Courcelles-Teterchen gerechnet
werden.
Wie bereits erwähnt, setzte mit der Erfindung des Thomasverfahrens bzw. seiner
großtechnischen Anwendung ein außerordentlich schneller und umfangreicher Indu-
striaiisierungsprozeß im saarländisch-lothringischen Raum ein. Er erstreckte sich
nicht nur auf die Kohle- und Erzförderung, sondern auch auf die Eisenerzeugung und
-Verarbeitung. An der Verarbeitung des Eisens beteiligten sich sowohl die Groß- als
auch die mittelständischen Unternehmen. Neben saarländisch-lothringischen stamm¬
ten nicht wenige aus dem übrigen Reichsgebiet. So errichtete das Siegerländer
Unternehmen Dango & Dienenthal, das 1865 für die Herstellung von Metallguß und
Metallarmaturen in Siegen gegründet worden war, im Jahre 1885 in Oettingen ein
Zweigwerk für die Herstellung von gegossenen und geschmiedeten Hochofen-Armatu¬
ren. Mit den inmitten des aufstrebenden lothringischen Reviers produzierten Fabrika¬
ten sollte vor allem die dortige Eisenindustrie versorgt werden. Die Marktnähe
eröffnete günstige Voraussetzungen, den speziellen Wünschen der Kundschaft zu
entsprechen.16
Die bisherigen Ausführungen lassen erkennen, daß das Reich bemüht war, dem
Industrialisierungsprozeß in Lothringen und im Saarrevier durch ein den hierher sich
ergebenden Ansprüchen auf dem Verkehrssektor, und das heißt vor allem im
Eisenbahnbereich, zu entsprechen. Ihnen verdankte die Bahn Teterchen-Bous mit
einer Abzweigung nach Wadgassen und Völklingen ihre Entstehung, obwohl sie bis
zu einem gewissen Grad Verkehr von der Strecke Saarlouis-Saarbrücken und Metz
abziehen würde. Doch angesichts der schnellen Industrialisierung im Raum Lothrin¬
gen/Saar seit den ausgehenden 70er Jahren konnte es sich dabei lediglich um einen
vorübergehenden Vorgang handeln, da davon auszugehen war, daß beide Linien für
das zu erwartende Verkehrsaufkommen notwendig sein würden. Im Jahr der Eröff¬
nung der Hauptstrecke Teterchen-Bous - 1880 - und der Nebenstrecke Wadgas-
sen-Völklingen - 1881 - stand die Industrialisierung in den durch sie erschlossenen
sowie den daran sich anschließenden Gebieten erst in ihren Anfängen, denn, wie
verschiedentlich vermerkt, begann die Verarbeitung der Minette bzw. das dadurch
ausgelöste schnelle Industriewachstum 1878. Hinzuweisen ist ebenfalls darauf, daß
durch den Ausbau der Schienenwege in Lothringen und im Elsaß sowie von hier aus in
das übrige Reichsgebiet hinein die Integration der Reichslande mit den übrigen
Reichsteilen gefördert werden sollte.17 Verbunden war damit das Bemühen, die
16 Vgl. hierzu Konrad Fuchs, Siegerländer Unternehmer des 19. Jahrhunderts und ihr Werk,
^ Wiesbaden 1979, S. 112.
17 Vgl. hierzu auch die Hinweise bei L. Strauß,, a. a. O., S. 53.
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