Full text: Das Saarrevier zwischen Reichsgründung und Kriegsende

men in Form von Kapitalgesellschaften. Die Besitzverhältnisse im Bergbau und die 
versiegenden heimischen Erzlager halfen dies zu verhindern. Insofern wurde das 
Revier auch von der 1873er Börsen- und Bankenkrise nur indirekt betroffen, als sie 
die Klimaänderung beschleunigte, die die Konjunktur in eine Stockungsphase einmün¬ 
den ließ. Ihr konnte sich auch die Saarwirtschaft nicht entziehen. 
Es wäre falsch, den Umbruch in ein Jahr datieren zu wollen. Vielmehr müssen wir 
genau differenzieren, und zwar zunächst einmal branchenmäßig, dann aber auch 
innerhalb der einzelnen Branchen selbst, wie die Beispiele für die Eisen- und 
Glasindustrie gezeigt haben. Allen Sektoren gemein war ein herber Erlösrückgang, 
während die eisenschaffende Industrie außerdem einen dramatischen Absatzeinbruch 
zu verkraften hatte. Neben dem Bergbau scheinen die mittelständischen Unternehmen 
das Tief am besten überstanden zu haben; darauf lassen jedenfalls die Eintragungen 
im Handelsregister schließen. Den größten Schwierigkeiten, den Umbruch zu bewälti¬ 
gen, standen naturgemäß die jungen Firmen gegenüber, und nicht wenige scheiterten 
mangels Rücklagen an dieser Herausforderung. 
Schmerzliche Erfahrungen mußten ebenfalls Teile der während des Booms aufgestock¬ 
ten Belegschaften machen. Viele Arbeiter standen unversehens brotlos da, wenngleich 
der Eisenbahnbau in gewissem Umfang Ersatzarbeitsplätze bot.79 Die vergleichsweise 
stetige Entwicklung von Sparkassen und Genossenschaften deutet überdies darauf 
hin, daß auch in jenen Jahren durchaus ein Sparpotential vorhanden war, das 
erschlossen werden wollte. 
So unvorstellbare Dimensionen der Aufschwung angenommen hatte, so hart, ja 
vielleicht sogar brutal mußten die Zeitgenossen die im Grunde genommen nur 
natürliche Korrektur der Überhitzung empfinden. Festzuhalten aber bleibt: das 
Niveau sank von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen nicht unter den Ausgangspunkt 
der Rallye, sondern stabilisierte sich oberhalb davon. Das gilt sowohl für die 
Produktion und die Zahl der Unternehmen, als auch für Arbeitsplätze, Löhne und 
Lebensstandard. 
79 K. Harrer, Eisenbahnen an der Saar, Düsseldorf 1984, S. 36 ff.; K. Hoppstädter, Die 
Entstehung der saarländischen Eisenbahnen, Saarbrücken 1961, S. 94 ff., 132 ff. 
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